Karl "der Große" VON FRANKEN

Karl "der Große" VON FRANKEN

Eigenschaften

Art Wert Datum Ort Quellenangaben
Name Karl "der Große" VON FRANKEN
Beruf König des Fränkischen Reichs und Kaiser

Ereignisse

Art Datum Ort Quellenangaben
Geburt 2.04.747 oder 748
Tod 28. Januar 814 Aachen, RB Köln, Nordrhein-Westfalen nach diesem Ort suchen
Heirat
Heirat
Heirat
Heirat Herbst 783

Ehepartner und Kinder

Heirat Ehepartner Kinder

Himiltrud NN
Heirat Ehepartner Kinder

"Desiderata" NN
Heirat Ehepartner Kinder

Heirat Ehepartner Kinder
Herbst 783
Fastrada NN

Notizen zu dieser Person

Sogenannte Reiterstatuette Karls des Großen (9. Jahrhundert), heute im Louvre, eine herrschaftliche Inszenierung in Anlehnung an die Reiterstatuen antiker römischer Kaiser. Möglicherweise handelt es sich jedoch um eine Darstellung Karls des Kahlen.

Karl der Große (lateinisch Carolus Magnus oder Karolus Magnus, französisch und englisch Charlemagne; * wahrscheinlich 2. April 747 oder 748;[1] † 28. Januar 814 in Aachen) war von 768 bis 814 König des Fränkischen Reichs (bis 771 gemeinsam mit seinem Bruder Karlmann). Er erlangte am 25. Dezember 800 als erster westeuropäischer Herrscher seit der Antike die Kaiserwürde, die mit ihm erneuert wurde. Der Enkel des Hausmeiers Karl Martell war der bedeutendste Herrscher aus dem Geschlecht der Karolinger. Das Frankenreich gelangte unter ihm zu seiner größten Ausdehnung und Machtentfaltung.

Karl gelang es, seine Macht im Frankenreich zu sichern und es in einer Reihe von Feldzügen nach außen erheblich zu erweitern. Besonders verlustreich und erbittert geführt waren die mit Unterbrechungen von 772 bis 804 andauernden Sachsenkriege. Deren Ziel war die Unterwerfung und erzwungene Christianisierung der Sachsen. Karl griff auch in Italien ein und eroberte 774 das Langobardenreich. Ein gegen die Mauren in Nordspanien gerichteter Feldzug im Jahr 778 scheiterte dagegen. Im Osten seines Reiches beendete er 788 die Selbstständigkeit des Stammesherzogtums Bayern und eroberte in den 790er Jahren das Restreich der Awaren. Die Grenzen im Osten gegen die Dänen und Slawenstämme sowie im Südwesten gegen die Mauren wurden durch die Einrichtung von Marken gesichert. Das Frankenreich stieg zur neuen Großmacht neben Byzanz und dem Abbasidenkalifat auf. Es umfasste den Kernteil der frühmittelalterlichen lateinischen Christenheit und war das bis dahin bedeutendste staatlicheGebilde im Westen seit dem Fall Westroms.

Karl sorgte für eine effektive Verwaltung und bemühte sich um eine umfassende Bildungsreform, die eine kulturelle Neubelebung des Frankenreichs zur Folge hatte. Politischer Höhepunkt seines Lebens war die Kaiserkrönung durch Papst Leo III. zu Weihnachten des Jahres 800. Sie schuf die Grundlage für das westliche mittelalterliche Kaisertum. Sowohl in der Reihe der römisch-deutschen Kaiser als auch der französischen Könige wird er als Karl I. gezählt. Seine Hauptresidenz Aachen blieb bisins 16. Jahrhundert Krönungsort der römisch-deutschen Könige.

1165 wurde er von Gegenpapst Paschalis III. heiliggesprochen; der Gedenktag in der katholischen und evangelischen Kirche ist der 28. Januar. Karl gilt als einer der bedeutendsten mittelalterlichen Herrscher und als einer der wichtigsten Herrscher im europäischen Geschichtsbewusstsein; bereits zu Lebzeiten wurde er Pater Europae („Vater Europas“) genannt. In Belletristik und Kunst wurde sein Leben wiederholt thematisiert, wobei das jeweils zeitgenössische Geschichtsbild den Ausgangspunkt bildete.

Kindheit und Jugend

Karl stammte aus der heute als Karolinger bezeichneten Familie, die zwar erst seit 751 die fränkische Königswürde innehatte, aber bereits in den Jahrzehnten zuvor die bestimmende Macht am Königshof war. Ihr Aufstieg begann im 7. Jahrhundert undresultierte aus der zunehmenden Schwäche des Königtums der Merowinger, wobei die wahre Macht zunehmend in die Hände der Hausmeier überging.[2] Diese waren ursprünglich nur Verwalter des Königshofes gewesen, gewannen aber im Laufe der Zeit immermehr Einfluss. Eine wichtige Rolle spielten bereits im 7. Jahrhundert die Arnulfinger und Pippiniden, die Vorfahren der späteren Karolinger. Ihre Machtbasis lag im östlichen Reichsteil Austrasien.[3] Seit der Zeit Pippins des Mittleren und von dessen Sohn Karl Martell bestimmten sie endgültig die fränkische Reichspolitik.[4] Auf Karl Martell geht auch die spätere Bezeichnung der Familie als „Karolinger“ zurück.[5]
Grabmal Pippins des Jüngeren und seiner Ehefrau Bertrada in der Kathedrale von Saint-Denis

Karl der Große war der älteste Sohn Pippins des Jüngeren, des fränkischen Hausmeiers und (seit 751) Königs, und dessen Frau Bertrada. Als Tag seiner Geburt steht der 2. April fest, der in einem aus dem 9. Jahrhundert stammenden Kalender des Klosters Lorsch festgehalten wurde. Das Geburtsjahr hingegen ist in der Forschung lange umstritten gewesen. Inzwischen wird aufgrund einer genaueren Quellenauswertung für das Jahr 747[6] bzw. 748 plädiert.[7] Der Geburtsort ist hingegen völlig unbekannt, alle Bestimmungsversuche sind spekulativ.[8]

751 kam Karls Bruder Karlmann zur Welt, 757 folgte seine Schwester Gisela († 810), die 788 Äbtissin von Chelles wurde. Auffallend sind die Namen, die Pippin seinen Söhnen gab. Wenngleich sie auf die Namen von Pippins Vater (Karl) und Bruder (Karlmann) zurückzuführen sind, standen sie ansonsten isoliert in der Namensgebung der Arnulfinger-Pippiniden. Sie waren auch nicht an der merowingischen Namensgebung orientiert wie die Namen späterer karolingischer Könige (Chlotar wurde zu Lothar,Chlodwig zu Ludwig). Vermutlich wollte Pippin so das neue Selbstbewusstsein seines Hauses illustrieren.[9]

Die von Karls Vertrautem Einhard verfasste Biographie – heute oft als Vita Karoli Magni bezeichnet – stellt neben den sogenannten Annales regni Francorum (Reichsannalen) die Hauptquelle für Karls Leben dar, doch übergeht sie die Kindheit, über die fast nichts bekannt ist.[10] Die moderne Forschung kann ebenfalls nur wenige konkrete Aussagen über die faktisch „unbekannte Kindheit“ Karls machen.[11]

Zu Beginn des Jahres 754 überquerte Papst Stephan II. die Alpen und begab sich ins Frankenreich. Grund für diese Reise waren die zunehmenden Übergriffe des Langobardenkönigs Aistulf, der 751 das Exarchat von Ravenna erobert hatte. Formal unterstand dieser Raum der Herrschaftsgewalt des byzantinischen Kaisers, doch Konstantin V., der militärisch erfolgreich an der byzantinischen Ostgrenze gegen die Araber kämpfte und dort gebunden war, verzichtete zu dieser Zeit auf ein Eingreifen im Westen. Daraufhin wandte sich Stephan an den mächtigsten westlichen Herrscher und versuchte Pippin zu einem Eingreifen zu überreden.[12]

Die Anwesenheit des Papstes nördlich der Alpen erregte Aufsehen, denn es war das erste Mal, dass sich ein Bischof von Rom ins Frankenreich begab. Beim Treffen in der Pfalz von Ponthion trat der Papst als Hilfesuchender auf. Pippin ging mit ihm ein Freundschaftsbündnis (amicitia) ein und sagte ihm Unterstützung gegen die Langobarden zu. Von dem Bündnis profitierte auch Pippin, der erst seit 751 die fränkische Königswürde bekleidete, nachdem er den machtlosen letzten Merowingerkönig Childerich III. entthront hatte. Das Bündnis mit dem Papst half Pippin bei der Legitimierung seines Königtums, gleichzeitig wurden die Frankenkönige zu den neuen Schutzherren des Papstes in Rom, was für die weitere Entwicklung weitreichende Folgen hatte. Bei einem weiteren Treffen mit dem Papst zu Ostern 754 in Quierzy konnte Pippin das fränkische Eingreifen in Italien verkünden und garantierte dem Papst mehrere (auch ehemalige byzantinische) Territorien in Mittelitalien, die sogenannte Pippinische Schenkung, welche die Grundlage für den späteren Kirchenstaat bildete. Eine konkrete päpstliche Gegenleistung folgte bereits kurz darauf, denn noch im Jahr 754 wurden Pippin sowie seine beiden Söhne von Stephan II. in Saint-Denis zu Königen der Franken gesalbt, womit das neue karolingische Königtum zusätzlich einen sakralen Charakter erhielt.[13] Alle drei erhielten zudem vom Papst den hohen römischen Ehrentitel Patricius.[14] Kurz darauf intervenierte Pippin erfolgreich in Italien zugunsten des Papstes, was allerdings auf den Widerstand der Byzantiner traf, da sie dies als Eingreifen in ihren Herrschaftsraum betrachteten.[15]

In den Quellen finden sich noch weitere vereinzelte Hinweise auf Karls Jugend. Neben Erwähnungen in Fürbitten für die Familie im Namen Pippins wird Karl in den Urkunden seines Vaters zweimal namentlich genannt, wobei es um seine amtliche Handlungsfähigkeit geht. 763 scheint Pippin seinen Söhnen zudem mehrere Grafschaften übertragen zu haben.[16]

Des Weiteren sind zumindest einige allgemeine Rückschlüsse auf Karls Jugend und Erziehung möglich. Es ist davon auszugehen, dass bei seiner Erziehung nicht nur auf die übliche fränkische Kriegerausbildung, die für einen König als Heerführer essentiell war, sondern auch auf eine gewisse Bildung Wert gelegt wurde. Ob ihm damals das volle Programm der septem artes liberales, der sieben freien Künste, vermittelt wurde, um dessen Wiederherstellung er sich später im Rahmen seiner Bildungsreform bemühte, ist unklar und wird in der Forschung unterschiedlich eingeschätzt.[17] Karl sprach von Hause aus Fränkisch, er erhielt jedoch sicher Lateinunterricht. Bereits in der Merowingerzeit war eine gewisse Bildung für hochstehende Adelige keineswegs ungewöhnlich gewesen.[18] Obwohl das Bildungsniveau im 8. Jahrhundert gesunken war, war Latein am Hof, in der Verwaltung und im Gottesdienst allgegenwärtig. Anders als manch einer der späteren ostfränkischen bzw. römisch-deutschen Könige hat Karl das Lateinische offenbar auch verstanden. Einhard zufolge sprach er es wie seine Muttersprache,[19] was eine Übertreibung sein mag. Er dürfte zudem über Lesekenntnisse des Lateinischen verfügt haben.[20] Karl war jedenfalls ein für damalige Verhältnisse recht gebildeter Herrscher und sein Leben lang an Bildung interessiert.[21]
Herrschaftsantritt
Karl der Große (links) und sein Sohn Pippin von Italien, darunter ein Schreiber; Miniatur des 10. Jahrhunderts aus einer Kopie des für Graf Eberhard von Friaul von Lupus Servatus verfassten liber legum (Codex Modena, Biblioteca Capitolare, O. I.2, f. 154v)

König Pippin verbrachte die letzten Jahre seiner Regierungszeit damit, die Randgebiete des Frankenreichs zu sichern. Er führte Feldzüge in das ehemals westgotische Septimanien und eroberte 759 Narbonne, den letzten arabischen Vorposten nördlichder Pyrenäen.[22] Pippins Neffe Tassilo III. bewahrte sich in Bayern eine gewisse Eigenständigkeit. Aquitanien hingegen wurde 768 nach mehreren Feldzügen in das Frankenreich eingegliedert.

Auf dem Rückweg aus Aquitanien erkrankte Pippin im Juni 768 ernsthaft, woraufhin er sein Erbe zu regeln begann.[23] Am 24. September 768 starb er in Saint-Denis.[24] Kurz vor seinem Tod hatte er verfügt, dass das Reich unter seinen Söhnen Karl und Karlmann aufgeteilt werden sollte. Einhard zufolge orientierte sich die Teilung an der vorherigen Teilung von 741 zwischen Karl Martells Söhnen,[25] doch deckte sie sich nicht mit ihr. Karl erhielt Austrasien, den Großteil Neustriens und denWesten Aquitaniens, Karlmann das restliche Aquitanien, Burgund, die Provence, Septimanien, das Elsass und Alamannien. Bayern war von der Erbteilung ausgeschlossen und blieb faktisch selbstständig.[26] Damit umschloss Karls Reich das seines Bruders halbkreisartig im Westen und Norden. Am 9. Oktober 768, dem Gedenktag des Dionysius von Paris, wurde jeder der Brüder in seinem Reichsteil zum König gesalbt, Karl in Noyon und Karlmann in der alten merowingischen Residenz Soissons.[27]

Karl und Karlmann übten keine gemeinsame Herrschaft über das Frankenreich aus, sondern regierten in ihren jeweiligen Reichen unabhängig voneinander, was sich an ihren Urkunden ablesen lässt.[28] Ihr Verhältnis scheint von Beginn an angespannt gewesen zu sein. Es gibt zwar Hinweise auf eine punktuell beschränkte Kooperation, so hinsichtlich einer römischen Synode im März 769,[29] doch war dies die Ausnahme. Beide handelten machtbewusst und traten in eine Konkurrenz zueinander. Beide wurden wohl im gleichen Jahr (770) Väter und benannten ihren Sohn jeweils nach ihrem Vater Pippin. Offensichtlich wurde der Bruch, als Karlmann seinem Bruder 769 die Unterstützung gegen das aufständische Aquitanien verweigerte, wo sich Huno(a)ld gegen die karolingische Herrschaft erhoben hatte. Karl warf den Aufstand schließlich allein nieder, wobei Hunold in Gefangenschaft geriet,[30] und zog anschließend auch den Teil Aquitaniens ein, der formal Karlmann unterstand.[31]

In der Folgezeit nahmen die Spannungen zu. Die Mutter Bertrada versuchte zwar zwischen den verfeindeten Brüdern zu vermitteln,[32] doch verlor sie bald ihren Einfluss auf Karl. Dieser hatte zunächst in eine von seiner Mutter arrangierte Ehe miteiner namentlich unbekannten Langobardenprinzessin eingewilligt, wofür er sich von seiner ersten Frau Himiltrud trennte. Bertrada scheint ein umfassendes Bündnissystem angestrebt zu haben: Neben dem durch die Eheschließung bekräftigten Bündnis mit dem ehrgeizigen Langobardenkönig Desiderius umfasste ihr Plan auch Tassilo, der bereits mit einer anderen Tochter des Desiderius verheiratet war. Die Bedenken Papst Stephans III., der von der plötzlichen fränkisch-langobardischen Annäherung zutiefst beunruhigt war, versuchte sie zu entkräften.[33] Möglicherweise war auch Karlmann in das von Bertrada und wohl auch einigen fränkischen Großen forcierte neue Bündnissystem eingebunden; seine Ehefrau Gerberga ist vielleicht eine Verwandtedes Desiderius gewesen.[34]

Karl änderte jedoch im Frühjahr 771 seine politischen Pläne und brach mit der Konzeption seiner Mutter. Seine langobardische Gemahlin sandte er zu Desiderius zurück, was für diesen ein Affront war. Stattdessen nahm Karl nun eine Alamannin namensHildegard zur Frau. Dies musste Karlmann beunruhigen, denn Alamannien gehörte zu seinem Herrschaftsbereich, wo Karl nun offenbar Einfluss gewinnen wollte. Indem Karl alle Pläne seiner Mutter verwarf, handelte er erstmals erkennbar eigenständig.[35]

Eine offene Konfrontation zwischen Karl und Karlmann, die immer wahrscheinlicher geworden war, wurde durch den überraschenden Tod Karlmanns am 4. Dezember 771 verhindert. Karl übernahm unverzüglich die Macht im Reich des Verstorbenen, dessen Große ihm noch im Dezember 771 in Corbeny huldigten. Die Vermutung, Karl sei am Tod seines Bruders beteiligt gewesen, da er erheblich davon profitierte, wird nicht durch die Quellen gedeckt.[36] Die Behauptung, Karlmanns Andenken sei einer damnatiomemoriae („Vernichtung des Andenkens“) zum Opfer gefallen,[37] trifft nicht zu; dass Karlmann nicht in Saint-Denis, sondern in Reims begraben wurde, geht sehr wahrscheinlich auf seinen eigenen Wunsch zurück.[38] Sicher ist, dass Karl nun uneingeschränkt im Frankenreich herrschte. Karlmanns Witwe Gerberga floh mit ihren Kindern zu Desiderius nach Italien.
Militärische Expansion und Integration
Langobardenfeldzug und Eingliederung Italiens
→ Hauptartikel: Langobardenfeldzug

Nach Karlmanns Tod hatte Karl seine Position im Reich gefestigt, doch die beiden Söhne seines Bruders, die mit ihrer Mutter und einigen fränkischen Großen ins Langobardenreich geflohen waren, bildeten eine potentielle Bedrohung.[39] In Ober- undMittelitalien spitzte sich die politische Lage zu. Desiderius hatte sich Gebiete angeeignet, auf die die römische Kirche Anspruch erhob.[40] Gesandte Papst Hadrians baten daher im Frühjahr 773 am Hof Karls um die Unterstützung der päpstlichen Schutzmacht gegen die Langobarden.[41] Karl zögerte nicht und entschloss sich zu einem großangelegten Langobardenfeldzug, ähnlich wie ihn sein Vater rund zwei Jahrzehnte zuvor unternommen hatte. Anders als Pippin plante Karl jedoch, das gesamte Langobardenreich zu erobern und in das Frankenreich zu integrieren, wie Einhard vermerkte.[42] Der auf frühmittelalterliche Militärgeschichte spezialisierte Historiker Bernard Bachrach meint allerdings, Karl habe den Krieg gegen Desiderius nichtvon Anfang an gewollt; erst die Entwicklung der Verhältnisse in Italien habe ihn zum Eingreifen veranlasst.[43]
Die Eiserne Krone der Langobardenkönige

Karl zog im Spätsommer 773 mit zwei großen fränkischen Heeresaufgeboten von Genf aus nach Italien. Eines führte er selbst über den Col du Mont Cenis, das andere führte sein Onkel Bernhard über den Großen St. Bernhard.[44] Desiderius sah sich ineiner unhaltbaren Position und zog sich nach Pavia zurück. Karl ließ die stark befestigte Stadt belagern.[45] Erst nach neun Monaten kapitulierte Pavia Anfang Juni 774 und wurde von den Franken geplündert. Karl besetzte das gesamte Langobardenreich und gliederte es in das Frankenreich ein. Er nannte sich fortan ohne neue Krönung König der Franken und der Langobarden; diese Titulatur ist in einer Urkunde vom 16. Juli 774 erstmals bezeugt.[46] Desiderius, seine Frau und seine Tochter wurden wohl in die Abtei Corbie in Klosterhaft gesteckt. Der langobardische Königssohn Adelchis konnte nach Konstantinopel entkommen. Als es 787/88 zu einem Konflikt zwischen den Franken und den Langobardenfürsten in Spoleto und Benevent kam, brachten die Byzantiner Adelchis ins Spiel. Dies blieb aber nur eine kurze Episode; die langobardischen Fürsten akzeptierten doch wieder die fränkische Oberherrschaft und gingen gegen die Byzantiner vor, worauf Adelchis alle Pläne aufgeben musste.[47] Die langobardischen Fürstentümer in Unteritalien blieben Karls Zugriff faktisch entzogen, Oberitalien und Teile Mittelitaliens hingegen gehörten fortan zum Frankenreich und sollten später als Reichsitalien auch Bestandteil des römisch-deutschen Reiches sein.

Wohl noch im Jahr 773 waren bei einem Vorstoß auf Verona Gerberga und ihre beiden Söhne in Karls Hände gefallen. Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt. Wahrscheinlich ließ Karl seine Neffen wegen ihres Anspruchs auf das väterliche Erbe beseitigenoder inhaftieren.[48]

Zu Ostern 774 erschien Karl plötzlich mit Gefolge vor Rom, während sein Heer noch Pavia belagerte. Papst Hadrian war davon völlig überrascht. Den Langobardenkönigen hatten die Päpste den direkten Zugang zur Stadt stets verweigert, doch den fränkischen Herrscher und neuen Schutzherren des Papsttums wollte Hadrian offenbar nicht verärgern. 30 Meilen vor der Stadt empfing man den Frankenkönig in ritueller Weise,[49] wobei sich das Protokoll am Empfang des byzantinischen Exarchen orientierte, des obersten militärischen und zivilen Verwalters des byzantinischen Kaisers in Italien.[50] Karl wurde zur Kirche St. Peter begleitet, wo Hadrian ihn mit einem großen Anhang feierlich empfing. Der Papst und der König begegneten einander ehrenvoll und versicherten sich ihrer gegenseitigen Freundschaft.[51] Karl soll um die formale Erlaubnis gebeten haben, die Stadt zu betreten, was ihm gestattet wurde.[52] Anschließend zog der Frankenkönig und römische Patricius in die ehemalige Kaiserstadt am Tiber ein, die im Mittelalter zwar nur einen Bruchteil der antiken Bevölkerungszahl aufwies, deren Monumentalbauten aber auf Besucher immer noch eindrucksvoll wirkten. Offenbar war Karl bestrebt, die Position und die Autorität des Papstes auch symbolisch zu achten. Realpolitisch bedeutsam war die bei diesem Anlass vorgenommene Erneuerung des Pactum, der von Pippin geschlossenen Übereinkunft mit dem Papsttum hinsichtlich der päpstlichen Gebietsansprüche.[53] Geistliche undweltliche Gewalt, die beiden Universalgewalten des Mittelalters, schienen harmonisch zusammenzuwirken.[54] Karl nahm in den folgenden Tagen an allen religiösen Kulthandlungen in Rom teil, bevor er die Stadt verließ.
Die Sachsenkriege
→ Hauptartikel: Sachsenkriege Karls des Großen

Im Sommer 772 begannen die mit Unterbrechungen bis 804 andauernden Sachsenkriege. Die immer noch paganen („heidnischen“) Sachsen[55] kannten keine zentralen Herrschaftsinstitutionen und lebten nicht wie die Franken und Langobarden in einem geschlossenen Reichsverband, sondern in nur locker organisierten Stammesverbänden (Westfalen, Ostfalen, Engern und Nordalbingier). Die Sachsen waren bereits zuvor wiederholt in Konflikt mit den Franken geraten, da ihr Stammesgebiet direkt an das nordöstliche fränkische Herrschaftsgebiet angrenzte.

Einhard bezeichnet Karls Feldzüge gegen die Sachsen als die bislang längsten, grausamsten und anstrengendsten Kampfhandlungen für die Franken. Er verdammt die Sachsen als Götzendiener und Feinde des Christentums, nennt als Ziel für Karls Feldzüge aber nicht etwa die Christianisierung der Sachsen, sondern die Beseitigung dieser militärischen Bedrohung an der fränkischen Grenze.[56] Schon Karl Martell und Pippin hatten begrenzte Feldzüge gegen die Sachsen unternommen, ohne deren Bekehrung anzustreben. In der modernen Forschung werden Karls Sachsenkriege jedoch durchaus als Missionierungskriege betrachtet.[57] Einhard und die Reichsannalen vermitteln ein eher tendenziöses Bild der Sachsenkriege, während von sächsischer Seite nurspäte Berichte aus der Zeit nach der Christianisierung vorliegen. Dagegen vermitteln zeitnahe Briefe, Gedichte und Herrschererlasse Momentaufnahmen der Sachsenkriege und lassen erkennen, dass der Ausgang über mehrere Jahre offen war.[58] Sicherist, dass dieser „dreißigjährige Krieg“[59] fast jährliche Kriegszüge erforderte. Auch für eine militärisch geprägte Gesellschaft wie die fränkische, in der sich der König stets als Heerführer beweisen musste und in der Beute sowie erzwungene Tribute wirtschaftlich von Bedeutung waren,[60] stellte dies eine enorme Belastung dar.
Denar mit dem Kopf Karls des Großen. Umschrift: KAROLVS IMP AVG für KAROLVS IMPERATOR AVGUSTUS. In Mainz geprägte (das M unter der Büste ist das Zeichen der Münzstätte) silberne Bildnismünze nach spätantikem Vorbild, auf der Rückseite ein Tempel, heute im Cabinet des Médailles in Paris.

Der Krieg begann 772 mit einem fränkischen Vorstoß tief ins sächsische Stammesgebiet.[61] Karl stieß von Worms aus auf die Eresburg vor und eroberte sie. Anschließend gelangten die Franken zum (wohl zentralen) sächsischen Kultheiligtum, der sogenannten Irminsul, die Karl zerstören ließ.[62] Die Zerstörung der Irminsul passt durchaus in das Bild eines schon 772 zumindest zukünftig beabsichtigten Missionswerks,[63] ebenso ist aber auch reine Beutelust als Motiv denkbar.[64] Der fränkische Vorstoß, der wohl auch Spannungen zwischen einigen fränkischen Großen und dem König abbauen sollte, war jedenfalls vorerst erfolgreich verlaufen. Doch war dies nur ein scheinbarer Sieg, zumal die dezentrale Stammesorganisation der Sachsen denFranken die Kontrolle erheblich erschwerte. Die Sachsen nutzten die Abwesenheit des Königs, der sich 773/74 in Italien aufhielt, und verheerten 774 fränkisches Gebiet im heutigen Hessen, wobei mehrere christliche Kirchen und Klöster überfallen wurden. Karl drang 775 mit einem großen Heer in Sachsen ein und erzwang die Unterwerfung der Engern (unter Bruno) und der Ostfalen (unter Hassio/Hessi); auch die Westfalen wurden geschlagen. Der König ging während dieses Feldzugs offenbar mit großer Brutalität vor: Die hofnahen Reichsannalen berichten zum Jahr 775 von drei Blutbädern, die Karl anrichten ließ, und den Nordhumbrischen Annalen[65] zufolge wütete er unter seinen Feinden. Karls Reaktion auf den Vertragsbruch durch die Sachsen war die Losung, dass es nur noch Taufe oder Tod für die Sachsen geben könne. Spätestens zu diesem Zeitpunkt betrachtete Karl die Sachsenfeldzüge auch als Missionierungswerk, denn in der überarbeiteten Fassung der Reichsannalen, den sogenanntenEinhardsannalen, ist vermerkt, dass der Krieg gegen die Sachsen so lange andauern werde, bis sie sich dem christlichen Glauben unterworfen hätten oder ausgerottet seien.[66]

776 kam es zu einem erneuten Sachsenaufstand, der ebenfalls niedergeschlagen wurde. Die Eresburg wurde wiedererrichtet und die Sachsen mussten Geiseln stellen. Karl ließ in Sachsen weitere Stützpunkte anlegen, darunter die sogenannte Karlsburg (civitas Karoli), die aber später zerstört und dann als Paderborn neu aufgebaut wurde. In der Folgezeit wurden Kirchen und Klöster gegründet, um die Missionierung Sachsens zu forcieren und die fränkische Herrschaft zu festigen. 777 schien die Lage in Sachsen so weit unter Kontrolle zu sein, dass der König in Paderborn eine Reichsversammlung abhalten konnte. Dies war eine spektakuläre Demonstration der fränkischen Herrschaft, die erste Reichsversammlung außerhalb des fränkischen Kernlands. Zu diesem Zeitpunkt wähnten sich die Franken offenbar als vollständige Sieger.[67] Noch im selben Jahr kam es wiederholt zu Massentaufen, die entgegen dem Kirchenrecht teils unter Zwang stattfanden; hinzu kamen fränkische Abgabenforderungen,die für die Sachsen eine zusätzliche Belastung durch die fränkische Fremdherrschaft darstellten.[68] 778 erscheint das erste Mal der Sachse Widukind als ein neuer Anführer der Aufständischen, die sich weiterhin gegen die fränkische Herrschaft stellten; beteiligt waren in erster Linie nicht Adelige, sondern Freie und Halbfreie, während Teile des sächsischen Adels sich mit den Eroberern arrangierten.[69] Der Zeitpunkt für eine abermalige Erhebung schien günstig, denn Karl hatte im selbenJahr in Spanien eine herbe Niederlage erlitten. Den sächsischen Widerstand betrachtete Karl jetzt auch als Abkehr vom christlichen Glauben, die daran beteiligten Sachsen waren für ihn Hochverräter. Umso härter reagierte er. Bereits 778 zog er Truppen zusammen, im Sommer 779 besiegte er die Sachsen bei Bocholt in einer der seltenen offenen Schlachten dieses Konflikts. Karl drang in Sachsen weiter vor und empfing wieder die Unterwerfung mehrerer Aufständischer, die wieder Geiseln stellen mussten.

780 und 782 hielt Karl erneut Reichsversammlungen in Sachsen ab. Der sächsische Widerstand schien gebrochen zu sein. Sächsische Adelige wurden in die fränkische Herrschaft eingebunden und belohnt und es sollte sogar ein fränkisch-sächsisches Truppenaufgebot gegen die Slawen zum Einsatz kommen. Da erhoben sich 782 erneut große Teile der Sachsen unter Führung Widukinds. Am Süntel im Weserbergland schlugen sie ein fränkisches Truppenaufgebot vernichtend, was in der Originalfassung der Reichsannalen verschwiegen, aber in den Einhardsannalen eingeräumt wird. Karl marschierte eiligst an die Weser, um den Aufstand zu ersticken.[70] Ein Teil der Rebellen unterwarf sich erneut, aber bei Verden an der Aller kam es noch 782 zum sogenannten Blutgericht von Verden: Den Reichsannalen zufolge wurden 4500 Sachsen auf Befehl Karls getötet.[71] In der Forschung findet dieser Vorgang bis heute viel Beachtung. Die Zahl 4500 mag deutlich übertrieben sein, unbestreitbar ist jedoch, dassKarl in Verden eine äußerst brutale Maßnahme ergriff, die viel zur Verdunkelung seines Bildes bei der Nachwelt beigetragen hat, auch wenn die Anzahl der getöteten Sachsen deutlich niedriger sein mag.[72] Da eine ähnliche Aktion später nicht mehrstattfand, wird das „Blutgericht“ vor allem der Abschreckung gedient haben. Im selben Jahr wurde die fränkische Grafschaftsverfassung (siehe unten) in Sachsen eingeführt, es wurden wieder Geiseln gestellt und Sachsen deportiert. Ebenso wurde die sogenannte Capitulatio de partibus Saxoniae erlassen, die für Abweichungen vom christlichen Glauben, Übergriffe auf christliche Würdenträger oder Einrichtungen sowie für pagane Kulthandlungen harte Strafen (oftmals die Todesstrafe) vorschrieb.
Widukindgrabmal in der Stiftskirche zu Enger

783 besiegten die Franken in zwei Gefechten die Sachsen. Ende 784 zog Karl im Winter wieder nach Sachsen, um seine Herrschaft abzusichern. Im folgenden Jahr wurden weitere Feldzüge durchgeführt, der sächsische Widerstand war nun brutal gebrochenworden und Karl bot Widukind Gespräche an. Widukind stimmte zu und unterwarf sich dem Frankenkönig; er ließ sich sogar zu Weihnachten des Jahres 785 in der Pfalz Attigny taufen, wobei Karl als sein Taufpate fungierte. Der sächsische Widerstandflackerte die folgenden Jahre zwar noch teilweise auf, erreichte aber nicht mehr das Ausmaß der ersten Phase der Sachsenkriege. 792 kam es erneut zu Unruhen und zwischen 793 und 797 mussten regelmäßig fränkische Heeresaufgebote ausrücken, doch fanden diese Kämpfe vor allem im nordöstlichen Sachsen im Elberaum statt.[73] Die Franken konsolidierten ihre Herrschaft in Sachsen, Christianisierung und Kirchenorganisation wurden vorangetrieben[74] und es wurden mehrere Deportationen durchgeführt.[75] Die fränkische Herrschaft war nun weitgehend abgesichert. Der von Alkuin kritisierte „herrschaftliche Terror“, der offenbar zielgerichtet betrieben worden war,[76] konnte daher abgemildert werden.[77] 797 wurde die Capitulatio de partibus Saxoniae durch eine mildere Verordnung ersetzt. 802 wurde mit der Lex Saxonum geschriebenes Recht für die Sachsen erlassen, das auch Elemente ihres Stammesrechts aufnahm.[78] 802 und 804 kam es zu weiteren fränkischen Feldzügen im nördlichenElberaum. Sächsische Einwohner wurden von dort ins östliche Frankenreich deportiert, statt ihrer wurden im Elberaum Franken angesiedelt. Die Sachsenkriege waren nun endgültig beendet. Sachsen blieb christlich und wurde nicht zuletzt durch die Einbeziehung der lokalen Eliten in das Karolingerreich integriert.[79]
Spanien

Während Karls frühe Expansionspolitik zwar (wie in Sachsen) hart erkämpft, aber insgesamt betrachtet überaus erfolgreich war, war 778 ein Krisenjahr seiner Herrschaftszeit. Bei der Reichsversammlung von Paderborn im Jahr 777 erschienen unerwartet hochrangige Gesandte aus der arabisch beherrschten Iberischen Halbinsel (al-Andalus). Der Umayyade Abd ar-Rahman I., der dem Umsturz durch die Abbasiden entkommen und nach Spanien geflüchtet war, hatte dort eine vom neuen Kalifen in Bagdad unabhängige Herrschaft etabliert, das Emirat von Córdoba. In diesem Reich gab es starke Spannungen zwischen Arabern und Berbern. Zur Opposition gehörte unter anderem der arabische Wali Suleiman al-Arabi.[80] Er bat zusammen mit zwei weiteren Gesandten in Paderborn Karl um Beistand gegen Abd ar-Rahman. Als Gegenleistung unterwarfen sich die drei arabischen Großen dem Frankenkönig.[81] Karl bot dies Anlass für eine weitere Expansion, zumal die Franken früher bereits mehrfach in Kämpfe mit arabischen Truppen verwickelt gewesen waren. Bereits 759 scheint ein arabischer Statthalter König Pippin seine Unterwerfung angeboten zu haben.[82]
Roland stürmt den Tempel Mahomets. Abbildung aus der Heidelberger Handschrift des Rolandslieds (Cod. Pal. germ. 112, P, fol. 57v), Ende des 12. Jahrhunderts

Bereits im folgenden Jahr (778) unternahm Karl einen Feldzug nach Nordspanien.[83] Als Begründung dienten ihm arabische Überfälle, so zumindest formulierte er es in einem Brief an den Papst; außerdem konnte er als Schützer der spanischen Christen auftreten.[84] Das Heer teilte er in zwei Abteilungen: Eine stieß zunächst auf Pamplona vor, die andere auf Saragossa.[85] Der christliche König von Asturien betrachtete Karls Feldzug eher argwöhnisch, vielleicht verständigte er sich sogar mitdem Emir von Córdoba.[86] Pamplona, die Hauptstadt der christlichen Basken, wurde erobert, doch der Vorstoß auf Saragossa, wo sich das fränkische Heer wieder vereinigte, blieb erfolglos. Die Quellenlage für den Spanienfeldzug ist äußerst schlecht, doch erwies sich Abd ar-Rahmans Machtstellung offenbar als gefestigt und die gegen ihn gerichtete Opposition als nicht ausreichend stark. Al-Arabi stellte zwar Geiseln und Barcelona sowie andere Städte wurden Karls Herrschaft unterstellt, doch scheint es sich hierbei um rein formale Unterwerfungen gehandelt zu haben, die folgenlos blieben und den Franken keinen Gewinn einbrachten. Offensichtlich hatte Karl nur unzureichende Vorstellungen von den Verhältnissen in Spanien, er hat sich hinsichtlich der Erfolgsaussichten verkalkuliert.[87] Als er die Nachricht von dem erneuten Aufstand in Sachsen erhielt, brach er den ohnehin gescheiterten Feldzug ab und trat den Rückzug an.[88]

Auf dem Rückzug ließ Karl noch die Mauern von Pamplona zerstören,[89] doch die Basken rächten sich für sein hartes Vorgehen. Im August 778 lauerten sie dem fränkischen Heer auf und fügten der Nachhut in der Schlacht von Roncesvalles wohl recht erhebliche Verluste zu. Die Reichsannalen verschweigen die Niederlage Karls, doch in der überarbeiteten Fassung, den Einhardsannalen, wird sie erwähnt. Neben anderen fränkischen Adligen fiel auch Hruotland, Graf der bretonischen Mark.[90] Sein Tod diente als Stoff für das im 12. Jahrhundert aufgezeichnete sehr populäre Rolandslied.

Die in pro-karolingischen Quellen beschönigten Ereignisse des Spanienfeldzugs werden in der Forschung als vollständiger Misserfolg bewertet.[91] Dennoch sollte Karl später erneut in Nordspanien aktiv werden, diesmal mit mehr Erfolg. 792/93 kam es zu arabischen Einfällen ins Frankenreich, woraufhin die Franken Feldzüge nach Nordspanien unternahmen. Mehrere befestigte Städte konnten eingenommen werden, darunter Barcelona (803) und Pamplona (811). Im eroberten Gebiet wurden Christen angesiedelt. Die Franken hatten damit eine strategisch wichtige Pufferzone errichtet, die aber erst nach Karls Tod als reguläre Grenzgrafschaft, die Spanische Mark, eingerichtet wurde.[92]
Awarenkrieg
Das Reich der Awaren um 600

Im Südosten grenzte das Frankenreich an das Awarenreich. Die Awaren waren Reiternomaden aus dem asiatischen Steppenraum, die im späten 6. Jahrhundert im Blickfeld der Byzantiner aufgetaucht waren und bis ins frühe 7. Jahrhundert ein mächtiges Reich im Balkanraum etabliert hatten.[93] Für das Jahr 782 ist eine awarische Gesandtschaft an Karl belegt. Obwohl das Awarenreich im späten 8. Jahrhundert seinen Zenit längst überschritten hatte, unternahmen die Awaren im Jahr 788 Einfälle in dasFrankenreich, so nach Oberitalien und Bayern. Diese Vorstöße waren vielleicht durch Hilfegesuche oppositioneller Kreise im Frankenreich ausgelöst worden[94] oder entsprangen der Befürchtung der Awaren, dass sie das nächste Opfer von Karls Expansionspolitik sein würden.[95] Der awarische Vorstoß scheiterte jedenfalls, und bei den folgenden Verhandlungen in Worms 790 konnte keine Einigung erzielt werden.

Ob nun Karl die Grenze im Südosten stabilisieren wollte oder schlicht auf Eroberung aus war, 791 begann jedenfalls eine großangelegte fränkische Invasion des Awarenreichs. Einhard beschreibt den folgenden Krieg als den größten Karls neben den Sachsenkriegen.[96] Der Awarenkrieg war auch deshalb von großer symbolischer Bedeutung, weil er gegen „Heiden“ geführt wurde und sich Karl so ganz als christlicher Herrscher stilisieren konnte.[97] Beim Feldzug von 791 wichen die Awaren den Franken aus, die zur Versorgung des Heeres eine große Flussflotte auf der Donau einsetzten. In den folgenden Jahren plante Karl einen weiteren Feldzug. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Kanalbau (Fossa Carolina) vorangetrieben. Zunächst verhinderten jedoch erneute Sachsenaufstände das Vorhaben. 794/95 kam es im Awarenreich zu internen Machtkämpfen, die den Tod des regierenden Khagans zur Folge hatten. Völlig unerwartet erschien 795 eine Delegation einer awarischen Gruppe an der Elbe undbot Karl die Unterwerfung ihres Anführers, des Tudun, an. Dieser akzeptierte Karl als Oberherrn und ließ sich im folgenden Jahr sogar taufen.[98]
Awarische Gürtelschnallen aus dem 7. Jahrhundert

796 marschierte ein fränkisches Heer erneut ins Awarenreich ein und machte reiche Beute (sogenannter Awarenschatz); der neue Khagan unterwarf sich den Franken. Die Macht der Awaren war damit gebrochen und ihr Reich zerfiel zusehends.[99] 799/803kam es zu einem Aufstand gegen die fränkische Oberherrschaft, der aber wirkungslos blieb, zumal die Franken in die inneren Strukturen des Awarenreichs nicht eingriffen. Christianisierung und Neubesiedlung wurden im Grenzraum jedoch vorangetrieben.[100] Zum Jahr 822 werden noch einmal awarische Gesandte in den Quellen erwähnt, das Awarenreich selbst befand sich jedoch in einem endgültigen Auflösungsprozess.[101] Die Franken zogen den Grenzraum nun direkt in das Reich ein und organisierten eine Grenzmark, diesmal zur Abwehr der Bulgaren, die im Balkanraum ein neues Reich errichtet hatten.
Das Ende der Selbständigkeit Bayerns
Tassilokelch (Reproduktion), gestiftet um 780

Nachdem Karl Ende 771 den Reichsteil seines Bruders Karlmann übernommen hatte und 773/74 erfolgreich in Italien interveniert hatte, blieb nur eine Leerstelle im karolingischen Reichsverband: Bayern, wo Tassilo III.,[102] ein Neffe König Pippins,als Herzog regierte.[103] Tassilo hatte Pippin Gefolgschaft geleistet und sich 756 an einem Feldzug gegen die Langobarden beteiligt. Anschließend übernahm er jedoch seit 757 die eigenständige Herrschaftsgewalt im Herzogtum Bayern. Über die folgenden Jahre lässt sich kaum etwas Genaueres sagen. Die Aufzeichnungen der karolingischen Reichsannalen über Tassilo wurden rückblickend erstellt und sollten vor allem sein Verhalten in einem ungünstigen Licht erscheinen lassen. Dort wird berichtet, der Herzog habe 757 König Pippin einen Vasalleneid geleistet und diesen 763 gebrochen, indem er während eines Feldzugs in Aquitanien „Fahnenflucht“ (althochdeutsch harisliz) begangen habe. In der modernen Forschung wird dieser Darstellung, besonders aufgrund des nachfolgenden Prozesses und der politischen Hintergründe, in der Regel keinen Glauben geschenkt.[104] Wenn sie zuträfe, wäre der Bayernherzog zeitnah zur Verantwortung gezogen worden, denn auf ein solches Verhalten stand die Todesstrafe.

Tassilo stammte aus der alten und vornehmen Familie der Agilolfinger. Bayern genoss schon seit der Merowingerzeit eine Sonderrolle im Reich.[105] Als Herzog trat Tassilo selbstbewusst auf. Er heiratete die Langobardenprinzessin Liutberga und unterhielt sehr gute Beziehungen zum Papst. Seine Herrschergewalt in Bayern übte er umfassend aus, nicht zuletzt im kirchlichen Bereich. Damals entfaltete sich in Bayern auch eine rege kulturelle Aktivität. Tassilo genoss in seinem Herzogtum faktisch eine königsähnliche Stellung und urkundete 769 sogar in Anlehnung an die karolingische Königstitulatur.[106] Karl duldete jedoch keine politischen Konkurrenten. Daher lag sein Vorgehen gegen den Agilolfinger, zu dem er sich relativ spät entschloss, in der Konsequenz seiner Politik.[107]

Im Jahr 787 wurde Tassilo nach Worms vorgeladen, wo er sich dem Frankenkönig unterwerfen sollte. Der Bayernherzog erschien jedoch nicht und bemühte sich um päpstliche Vermittlung. Bald schon musste er jedoch erkennen, dass nicht nur der Papst ganz auf die Linie Karls einschwenkte und ihn zur vollständigen Unterwerfung aufforderte,[108] sondern dass er nun auch im eigenen Herzogtum über wenig Rückhalt verfügte. Als Karl noch 787 militärisch gegen Tassilo vorging, traten mehrere bayerische Große auf die fränkische Seite über. Tassilo war isoliert und unterwarf sich im Oktober 787 Karl, dem er nun auch einen Gefolgschaftseid leistete. Gerd Althoff hat diesen Vorgang als frühestes Vorkommen der rituellen deditio (Unterwerfung) gedeutet.[109] Dennoch blieben Spannungen bestehen und Karl sah nun offenbar eine günstige Gelegenheit, die Lage in seinem Sinn zu bereinigen. Im Juni 788 wurde Tassilo nach Ingelheim vorgeladen und dort zusammen mit seiner Familie festgesetzt. Ihm wurde vorgeworfen, mit den Awaren paktiert zu haben; hinzu kam der Vorwurf der „Fahnenflucht“. Profränkische bayerische Adelige sagten gegen den Herzog aus, der zum Tode verurteilt wurde. Karl wandelte das Urteil in lebenslange Klosterhaft um.[110] 794 wurde Tassilo kurzzeitig aus der Klosterhaft entlassen, um auf der Synode von Frankfurt noch einmal öffentlich Reue zu bekunden und auf seine Ansprüche urkundlich zu verzichten.[111]

In der modernen Forschung besteht kein Zweifel daran, dass die gegen Tassilo erhobenen Vorwürfe fingiert waren und in Ingelheim ein politischer Scheinprozess stattfand.[112] Karl hatte sich aus politischen Gründen entschlossen, die unliebsame Sonderstellung des mächtigen Bayernherzogs zu beenden. Eine königsähnliche Nebenherrschaft innerhalb seines Machtbereichs wollte er nicht tolerieren. Tassilos Herrschaft brach schnell zusammen, da er in seinem Herzogtum Gegner hatte, die sich voneiner Zusammenarbeit mit Karl mehr versprachen. Die offizielle Sichtweise des karolingischen Königshofs wird vor allem in der Schilderung der Reichsannalen sichtbar, in denen eine leicht nachvollziehbare „Beweiskette“ der angeblichen Vergehen Tassilos aufgeführt und der Herzog als untreuer Gefolgsmann dargestellt wurde.[113] Bayern behielt in der Folgezeit dennoch eine gewisse Sonderstellung: Kirchlich blieb es eine Einheit und auch in der Verwaltung wurde nicht die Grafschaftsverfassung eingeführt, sondern die Regierung einem königlichen Präfekten übergeben. Politisch wurde es nun aber endgültig Teil des Reiches.[114]
Die Kaiserkrönung
Königsthron im Aachener Dom

Seit 795 war Leo III. Papst in Rom. Das Papsttum war in dieser Zeit unter den Einfluss des in diverse Fraktionen aufgesplitterten römischen Stadtadels geraten, der bei der Papstwahl ausschlaggebend war. Leo wurde unter anderem ein unwürdiger Lebenswandel vorgeworfen, vor allem aber verfügte er beim stadtrömischen Adel über keinerlei politischen Rückhalt, seine Lage wurde immer prekärer. Ende April 799 spitzte sich die Konfrontation zwischen dem Papst und dem Adel so zu, dass auf Leo ein Attentatsversuch unternommen wurde, hinter dem Vertraute des vorherigen Papstes Hadrian I. standen. Leo überlebte und flüchtete zu Karl nach Paderborn. Diese Vorgänge schildert das Paderborner Epos.[115]

Karl leistete Leo militärische Unterstützung und ließ ihn Ende 799 nach Rom zurückführen. Im Spätsommer des Jahres 800 begab sich Karl selbst nach Italien, Ende November erschien er in Rom. Dort kam es am 1. Weihnachtstag, dem 25. Dezember 800,in Alt-St. Peter zur Kaiserkrönung Karls des Großen durch den Papst. Damit wurde eine äußerst wirkungsmächtige Entwicklung für das gesamte weitere Mittelalter in Gang gesetzt: die Übertragung der römischen Herrschaft auf die Franken (translatioimperii). Das römische Kaisertum im Westen, wo 476 der letzte Kaiser in Italien abgesetzt worden war, wurde durch die Krönung Karls erneuert. In diesem Zusammenhang spielten heilsgeschichtliche Aspekte eine wichtige Rolle; das römische Imperiumgalt als das letzte Weltreich der Geschichte (Vier-Reiche-Lehre). Nun existierte ein neues „römisches Kaisertum“, das an den Herrschaftsanspruch der antiken römischen Kaiser anknüpfte und in der Folgezeit erst von den Karolingern, dann seit denLiudolfingern (Ottonen) von den römisch-deutschen Königen beansprucht wurde. Ohne die Tragweite abschätzen zu können, legte Karl somit auch den Grundstein für das römisch-deutsche Kaisertum.[116] Dies sind die sicheren Fakten, doch sind wesentliche Details der Kaiserkrönung unklar.
Grandes Chroniques de France, Exemplar König Karls V. von Frankreich, Paris, BN, Ms. français 2813, fol. 85v, spätes 14. Jahrhundert: die Kaiserkrönung Karls I.

Über den Vorgang der Kaiserkrönung liegen insgesamt vier Berichte vor: in den Lorscher Annalen, im Liber pontificalis, den Reichsannalen und bei Einhard.[117] Im Kern wird dort die Schutzfunktion Karls gegenüber der Kirche und dem Papst gelobt.Das Volk sei begeistert gewesen und die Kaiserkrönung eher als spontane Handlung erfolgt. Einhard behauptet sogar, dass Karl die Kirche nicht betreten hätte, wenn er von Leos Vorhaben gewusst hätte.[118]

Diese Schilderungen werden in der modernen Forschung jedoch als unzutreffend betrachtet.[119] Es gilt als ausgeschlossen, dass die Vorbereitungen unbemerkt ablaufen konnten, dass Karl am Weihnachtstag der Kirche hätte fernbleiben können und dasseine von ihm nicht gewollte Krönung durchführbar war. Vielmehr war es Karl selbst, der seit einiger Zeit gezielt auf die Kaiserkrönung und die Erneuerung des römischen Kaisertums im Westen hingearbeitet hatte.[120] Der Papst wirkte zwar als Koronator, befand sich aber in einer äußerst schwachen Position und war ganz von Karls Unterstützung abhängig. Als Kaiser übernahm Karl denn auch die Rolle des Richters über Leos römische Gegner.

Die Schaffung des westlichen Kaisertums wurde von mehreren Faktoren begünstigt. Im Osten existierte weiterhin das Reich der Byzantiner, die sich „Rhomäer“ (Römer) nannten und auf eine ununterbrochene staatliche Kontinuität zum spätantiken Römerreich zurückblicken konnten. Im Jahr 800 herrschte dort jedoch mit Kaiserin Irene eine Frau (was man im Westen abwertend betrachtete), die mit zahlreichen innenpolitischen Problemen zu kämpfen hatte. Aus karolingischer Perspektive wurde das sogenannte „Kaisertum der Griechen“ – eine für die Byzantiner provozierende Bezeichnung – berücksichtigt, aber abwertend beurteilt; es wurde sogar eine angebliche Übertragung des Kaisertums von Byzanz auf Karl konstruiert. In Byzanz hingegen betrachtete man Karl schlicht als Usurpator und hielt den exklusiven Anspruch auf das „römische“ Kaisertum aufrecht. Erst 812 kam es zu einer Verständigung hinsichtlich des Zweikaiserproblems.[121] Die Kaiserkrönung des Jahres 800 war auch heilsgeschichtlich bedeutsam, da Endzeiterwartungen verbreitet waren, die mit dem römischen Reichsgedanken verbunden waren.[122] In einer Zeit, in der das Religiöse ganz entscheidend das Denken bestimmte, erhielt die Kaiserkrönung so eine eschatologische Komponente.
Auswärtige Beziehungen

Karl unterhielt auswärtige Beziehungen, die von England bis in den östlichen Mittelmeerraum reichten.[123] Einhard geht auf diesen Aspekt in seiner Biographie des Herrschers ein und beschreibt knapp die weitgespannte karolingische Diplomatie.[124] Die damaligen Möglichkeiten auswärtiger Politik, deren Hauptinstrument Gesandtschaften waren, dürfen zwar nicht überschätzt werden, doch vermittelten die Kontakte dem Hof Einblicke in eine wesentlich weitere Welt.[125]

Im Zusammenhang neuerer Untersuchungen wird allerdings deutlich, wie verhältnismäßig eingeschränkt die Gestaltungskraft des Karlsreiches, immerhin das mächtigste Herrschaftsgebilde im lateinischen Europa seit dem Fall Westroms, verglichen mit anderen Großreichen dieser Zeit war. Das wird schon an einem einfachen Beispiel deutlich: 792 ordnete Karl den Bau eines 3 km langen Kanals in Mittelfranken an, der die Flusssysteme Rhein und Donau verbunden hätte. Die Bauarbeiten blieben jedoch bald stecken, so dass 793 der Bau abgebrochen wurde. 767 waren demgegenüber weitaus umfangreichere Bauvorhaben in Byzanz (wo Wasserleitungen über eine Distanz von mehr als 100 km instand gesetzt wurden) und im Kalifat (Runde Stadt Bagdad, an deren Bau über 100.000 Arbeiter beteiligt waren) ohne größere Probleme gelungen. Im China der Tang-Dynastie wiederum war 742/43 ein Kanal von rund 150 km Länge planmäßig gebaut worden.[126] All diese Reiche hatten universale Herrschaftsansprüche, ähnlich wie das Karolingerreich nach der Kaiserkrönung Karls; die Ressourcen und die darauf basierenden Gestaltungsspielräume waren jedoch im Fall Karls wesentlich eingeschränkter.[127]

Das angelsächsische England war in mehrere konkurrierende Reiche geteilt, zu denen die Franken traditionell gute Beziehungen unterhielten. Karl stand unter anderem im (nicht immer spannungsfreien) Kontakt mit dem mächtigen König Offa von Mercien,[128] der zeitweise die Vorherrschaft in England errang. Der spätere König Egbert von Wessex hielt sich einige Zeit an Karls Hof auf.[129] Einhard zufolge haben die schottischen Herrscher sogar Karls Oberherrschaft anerkannt.[130]
Karolingische Panzerreiter im Kampf mit Awaren (Stuttgarter Psalter; frühes 9. Jahrhundert).

Im Osten und nach der Eroberung Sachsens auch im Nordosten grenzte das Frankenreich an das Gebiet der Slawen.[131] Diese bildeten keine geschlossene Einheit, sondern waren in Einzelstämme zersplittert. Das um 850 entstandene Werk des „Bayerischen Geographen“ listet unter anderem die Abodriten, Wilzen, Sorben und Böhmen auf. Zu Beginn der 780er Jahre sind slawische Angriffe auf fränkisches Gebiet belegt, so etwa ein sorbischer Einfall im Jahr 782. In der Folgezeit kam es immer wieder zueinzelnen fränkischen Feldzügen in slawisches Stammesgebiet. Hervorzuheben ist die größere fränkische Offensive unter Karls Befehl im Jahr 789, die sich gegen die Wilzen unter Dragowit jenseits der Elbe richtete, wobei Dragowits Hauptburg belagert wurde und er sich schließlich unterwerfen musste.[132] Unter Führung des Kaisersohns Karls des Jüngeren drangen 805 und nochmals 806 fränkische, bayerische und sächsische Heere in Böhmen ein.[133] Andererseits fungierten einzelne slawische Stämme auch als fränkische Verbündete; die wichtigsten waren die Abodriten.[134] 808 griffen die Wilzen im Bündnis mit den Dänen die Abodriten und den Osten Sachsens an, wurden aber 812 geschlagen.[135] Auf planvolle christliche Missionierung inden Slawengebieten verzichtete Karl. In diesem Bereich erstrebte er keine territoriale Expansion, sondern wollte nur die Reichsgrenze sichern und die angrenzenden Herrschaftsräume befrieden.[136] In der Forschung wird Karls Slawenpolitik denn auch als wesentlich defensiver bewertet als sein Vorgehen in den anderen Grenzräumen des Frankenreichs.[137] Zum Zweck der Grenzsicherung wollte er eine formale Unterwerfung der Slawen und lockere Abhängigkeiten der betreffenden Stammesgebiete erreichen, ähnlich wie es Römer und Byzantiner an den Grenzen ihrer Reiche anstrebten.[138]

Bei den fränkischen Kriegszügen spielten allgemein materielle Motive eine wichtige Rolle. Timothy Reuter konnte nachweisen, dass Beute (praedae) aus gezielten Plünderungen bei Kriegszügen und regelmäßige Tributzahlungen (tributa) Strukturmerkmale des Karolingerreichs waren.[139] Zu diesen Einkünften zählten neben materiellen Besitztümern auch Sklaven. Die Tribute flossen direkt dem König zu.[140] Solche Einnahmen waren ein wichtiges Motiv für militärische Aktionen, so gegen Sachsen, Awaren und später gegen die Slawen.[141] Die Karolinger verfügten über kein stehendes Heer. Ihre Truppen wurden vielmehr nach Bedarf mobilisiert, wobei die gepanzerte Reiterei von großer Bedeutung war.[142] Zur Heeresfolge verpflichtet war jeder Freie im Frankenreich, wobei die Schätzungen hinsichtlich der Gesamtstärke weit auseinander liegen.[143] Die Aussicht auf Beute war ein wichtiger Anreiz für die jeweils eingesetzten Truppen.[144] Gleichzeitig sicherten militärische Erfolge den Franken eine hegemoniale Stellung gegenüber schwächeren Nachbarn wie den Slawenstämmen und verschafften dem siegreichen König in der fränkischen Kriegergesellschaft zusätzliche Legitimität. Allerdings hat kürzlich Bernard Bachrach die wirtschaftliche Bedeutung der Einnahmen aus Plünderungen und Tributzahlungen in Frage gestellt.[145]

804 wurde die von der sächsischen Bevölkerung zwangsweise geräumte Region nördlich der Elbe den Abodriten zugewiesen. Sie war bald darauf von Ang

Quellenangaben

1 https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_der_Gro%C3%9Fe https://gw.geneanet.org/arthurreeg?n=von+franken&oc=&p=karl

Datenbank

Titel Ahnen Jürgen Bosch
Beschreibung Ahnenstamm mit Daten meiner Familie und derer mit denen ich in Verbindung stehe. Sicherlich ist dieser Baum mit Fehlern behaftet, über Hinweiße und rege Diskussionen, würde ich mich sehr freuen. Schreibt einfach, ich werde auf jeden Fall, Antworten.
Hochgeladen 2021-05-27 08:23:33.0
Einsender user's avatar Jürgen Bosch
E-Mail juergenbosch1966@web.de
Zeige alle Personen dieser Datenbank

Kommentare

Ansichten für diese Person