Heinrich Paul LADLEIF

Heinrich Paul LADLEIF

Eigenschaften

Art Wert Datum Ort Quellenangaben
Name Heinrich Paul LADLEIF
Beruf Lokomotivfuehrer

Ereignisse

Art Datum Ort Quellenangaben
Geburt 13. August 1892 Frohnhausen nach diesem Ort suchen
Tod 19. Juni 1944 Dreux nach diesem Ort suchen
Heirat 3. Juni 1919 Borgholz nach diesem Ort suchen

Ehepartner und Kinder

Heirat Ehepartner Kinder
3. Juni 1919
Borgholz
Anna Maria Theresia SCHWINGE

Notizen zu dieser Person

Heinrich Ladleif
Geb. 13.08.1892 / gest. 19.06.1944

Heinrich Ladleif wurde als zweites von vier Kindern der Eheleute Gottfried und Anna Maria Ladleif in Frohnhausen bei Brakel geboren. Frohnhausen war ein kleines Bauerndorf mit eigener Kirche und Schule in Ostwestfalen. Sein Vater Gottfried war Bäckermeister und betrieb eine Bäckerei.

Heinrich besuchte von Ostern 1899 bis Ende September 1906, also 7 ½ Jahre, die zweiklassige Dorfschule und hatte ein gutes Schul-Abgangs-Zeugnis. Danach hat er vom 27.09.1906 bis zum 26.05.1910 in Rimbeck bei Scherfede das Schlosserhandwerk erlernt und im April 1911 bei der Schlosserinnung in Essen-Ruhr die Gesellenprüfung abgelegt. Als Geselle zog es den 18-jährigen Heinrich, so wie viele andere Arbeitssuchende aus der ländlichen Gegend, in das Industriegebiet an der Ruhr, um dort Geld zu verdienen. Einen Teil seines Lohns schickte er seinen Eltern, damit sie ihre Schulden bezahlen konnten. Viele kleine Handwerker und auch Bauern waren seinerzeit infolge von Krankheiten oder Mißernten verschuldet (oft beim dortigen Juden).

Die Arbeitsbedingungen müssen nicht immer sehr gut gewesen sein. Daher wechselte er häufig die Arbeitsstelle:

04.04.1910 - 12.08.1910 Friedr. KRUPP AG in Essen-Ruhr
17.08.1910 - 24.08.1910 Baugeschäft Carl Hitzbleck in Duisburg
01.09.1910 - 31.03.1911 Zeche Friedrich Ernestine in Essen-Stoppenberg
03.04.1911 - 13.04.1911 Gebr. Storp, Eisenkonstruktionswerk in Essen
26.04.1911 - 12.09.1912 Küppersbusch & Söhne, Herd- und Ofenfabrik in Gelsenkirchen

Im September 1912 wurde er zum Militär einberufen. Er diente bei der 3. Lothringischen Feldartillerie in Saint Avold. Dort war er als Gefreiter seit September 1913 in der Waffenmeister-Werkstatt als Waffenmeister-Gehilfe beschäftigt mit Arbeiten an Geschützen, Fahrzeugen u.a.. Heinrich machte sich Gedanken über seine berufliche Tätigkeit nach seiner Entlassung vom Militär und bewarb sich im Januar 1914 bei den Königlichen Eisenbahn-Werkstätten in Witten. Er dachte wohl, bei der Bahn eine „sichere“ Arbeitsstelle zu finden. Seine Pläne wurden dann mit Beginn des 1. Weltkrieges durchkreuzt. Nun mußte er bis zum 09.01.1919 Soldat bleiben. Vom 01.06.1915 bis 31.01.1916 war er in der Artilleriewerkstatt in Spandau und später in Russland an der Front.
Im Vertrauen auf den deutschen Sieg zeichnete er von seinem ersparten Geld im Januar 1918 eine Kriegsanleihe in Höhe von 600 Reichsmark und im Juni 1918 noch einmal 300 Reichsmark. Hiervon bekam er 1926 12,50 Reichsmark und im Jahre 1932 noch einmal 22,19 Reichsmark zurück.

Nach dem Krieg fand er dann am 04.02.1919 bei der Deutschen Reichsbahn in Witten die Arbeitsstelle, um die er sich 1914 schon beworben hatte. Zunächst war er wohl in Essen mit der Pflege und Wartung von Dienstwaffen beschäftigt. Später kam er zum Fahrdienst.

Als Junggeselle war das Leben in der Stadt nicht sehr angenehm, und er wollte gern heiraten. Vater Gottfried in Frohnhausen brachte mit seinem kleinen Pferdewagen Brot in die umliegenden Dörfer. In dem kleinen Nachbarort Drankhausen mit nur 12 Häusern erzählte er in der Gastwirtschaft Schwinge, dass sein Sohn Heinrich in Witten bei der Eisenbahn arbeite und eine Frau suche. Am liebsten würde er ein tüchtiges Mädchen vom Lande heiraten. Mutter Schwinge und Schwiegertochter Anna spitzten die Ohren und meinten: „Für unsere Anna wird es auch langsam Zeit zum Heiraten. Sie ist jetzt fast 25 Jahre alt und in einer Oberförsterei im Münsterland
in Stellung. Sie wird sicher gut zum Heinrich passen und ihm gut den Haushalt führen.“ Der Zufall kam diesem Kuppelgespräch zu Hilfe. Anna fuhr mit der Eisenbahn nach Hause und wollte unterwegs einen Apfel schälen. Vergeblich suchte sie nach ihrem Messer. Ihr gegenüber saß ein stattlicher junger Mann mit kleinem Oberlippenbart: Heinrich. Galant bot er ihr sein eigenes Taschenmesser an, und so kam man ins Gespräch. Danach lernte man sich näher kennen und auch lieben, und schon bald fand am 3. Juni 1919 in Drankhausen die Hochzeit statt.
Das junge Paar fand in Witten in der Kirchstraße Nr. 8 eine kleine Wohnung, und dort erblickte Sohn Kurt am 8. Januar 1920 das Licht der Welt. Heinrich war in allen Schlosserarbeiten sehr geschickt und hatte aus Eisenstäben ein kleines Kinderbett angefertigt. Anna kleidete es mit duftigem Stoff aus und brachte darüber einen „Himmel“ an. Als die Oma von Drankhausen zu Besuch kam, schlug sie vor Staunen die Hände über dem Kopf zusammen, dass ihr Enkelkind in einem richtigen Himmelbett schlief, und erzählte von diesem Luxus im ganzen Dorf.

Im Jahre 1923 meldete sich bei Familie Ladleif wieder Nachwuchs an: Tochter Anneliese. Die Zweizimmer-Wohnung in der Kirchstraße war für zwei Kinder zu klein. Heinrich wurde Mitglied im Spar- und Bauverein, der 1895 von Mitgliedern derWittener Eisenbahner-Hauptwerkstatt gegründet worden war, um menschenwürdige und preiswerte Wohnungen den sozial schwachen Eisenbahnern zur Verfügung zu stellen. Die Mitglieder mussten einen Geschäftsanteil zahlen und erwarben so Anspruch auf eine preiswerte Wohnung. Dort bewarb Heinrich sich um eine Dreizimmer-Wohnung. Wegen der Wohnungsnot wurden damals die freien Wohnungen verlost. Heinrichs Los fiel auf eine Wohnung im Hinterhaus in der Breitestraße, wovon Anna nicht sehr begeistert war. Das Los einer polnischen Familie war auf eine Parterrewohnung in der Crengeldanzstr. 70 gefallen. Die polnische Frau war darüber recht unglücklich, weil sie in einer Parterrewohnung mit sehr großen Fenstern doch so viele neue Gardinen benötigte. So kam es zum Wohnungstausch, und Heinrich konnte noch vor Annelieses Geburt in die Wohnung in der Crengeldanzstraße einziehen.

1923 war ein böses Jahr. Die Inflation nahm schlimme Formen an, und bei der Geldentwertung ging praktisch alles ersparte Geld verloren. Da musste mit jedem Pfennig gerechnet werden. Das Baby wurde zu Weihnachten erwartet. Als Eisenbahner hatte Heinrich Freifahrtscheine. Er wollte vor der Niederkunft noch in seine Heimat nach Frohnhausen fahren, um dort allerlei Gutes für die Feiertage zu besorgen: Wurst, Speck, Schinken, Äpfel und leckeren Knappkuchen. Opa Gottfried wollte aus dem Wald einen Weihnachtsbaum besorgen. Leider wurde er dabei vom Förster überrascht und musste eine saftige Strafe bezahlen.

Zu Hause in Witten verlief auch nicht alles nach Plan. Kaum war Heinrich fort, da meldeten sich bei Anna die Wehen. Tochter Anneliese wurde eine Woche vor Weihnachten am 18.12.1923 geboren.

Die Parterrewohnung war nicht so günstig wie die anderen 11 Wohnungen im Haus Cregeldanzstr. 70. Sie war recht kalt. Als in der 4. Etage eine Wohnung frei wurde, zog die Familie dorthin. Die Zimmer waren etwas größer und hinzu kam ein langer Korridor. In dieser Wohnung wurde am 22.10.1928 Tochter Thea geboren. Bruder Kurt stellte enttäuscht fest: “Schon wieder eine olle Deene.“

Heinrich war im Fahrdienst beim Güterbahnhof Bochum-Langendreer stationiert. Er musste zum Dienstantritt immer nach Langendreer fahren. Das war immerhin ein Weg von 4 km, den er mit einem alten Fahrrad zurücklegte. Er hatte häufig Wechseldienst zwischen Tag- und Nachtarbeit. Er war zunächst als Aushilfsheizer tätig, eine sehr schwere und schmutzige Arbeit. Er wollte beruflich weiterkommen und besuchte vom 06.10.1920 - 05.08.1921 die Eisenbahnwerkschule in Dortmund zur Heranbildung von Lokomotivpersonal mit gutem Ergebnis. Am 19.11.1935 bestand er bei der Reichsbahndirektion Essen die Prüfung zum Lokomotivführer. 1936 wurde er Beamter und Reserve-Lokomotivführer. Am 03.12.1941 wurde er zum Lokomotivführer ernannt.

Am 1. September1939 brach der 2. Weltkrieg aus. Da Heinrich schon 47 Jahre alt war, wurde er nicht zur Wehrmacht eingezogen. Nach dem deutschen Einmarsch in Frankreich wurden dort Eisenbahner für die Truppentransporte benötigt. So wurde Heinrich im Sommer 1940 zusammen mit einigen anderen Arbeitskollegen als Felddiensteisenbahner nach Frankreich abkommandiert. Als Felddiensteisenbahner unterstand er der deutschen Wehrmacht und hatte eine Feldpostnummer. Zunächst war er in Argentan in der Normandie und später in Dreux stationiert.
Während in Deutschland seit Beginn des Krieges Lebensmittel und Kleidung streng rationiert waren, gab es in Frankreich noch viele Sachen frei zu kaufen. So schickte Heinrich manches schöne Päckchen nach Hause mit Bohnenkaffee, Kleidung und Lebensmitteln. Als die Waren in Frankreich auch knapper wurden, konnte er immer noch gute Butter und andere Lebensmittel schicken. Er suchte auch Brombeeren, kochte davon Marmelade und schickte sie nach Hause.

Am 3. Juni 1944 war der Silberhochzeitstag von Anna und Heinrich. Heinrich hatte einen Urlaubsantrag gestellt, um an diesem Tag mit seiner Frau zusammen zu sein. Der Antrag wurde abgelehnt, da zu dieser Zeit die Invasion der Engländer und Amerikaner in Frankreich erwartet wurde. Unerwartet durfte er dann am 2. Juni einen wichtigen Güterzug nach Dortmund begleiten, und so war er am Silberhochzeitstag doch zu Hause in Witten bei seiner Frau.

Am 5. Juni begann die erwartete Invasion in der Normandie. Heinrich wurde beim Wehrmachts-Bezirkskommando in Bochum vorstellig und bekam dort die Anweisung, unverzüglich zu seiner Einheit zurückzufahren. Er erreichte am 10. Juni seine Einheit, die sich auf dem Rückzug befand. Seine Kameraden hatten bei einem Bombenangriff alles zurücklassen müssen und besaßen nur noch die Sachen, die sie am Leibe trugen, so auch Heinrich. Am 14. Juni schrieb Heinrich, dass er wegen Fliegergefahr zwei Nächte im Freien geschlafen habe und tagsüber Bombentrichter zugeschaufelt habe. An Fahrdienst sei in den nächsten Tagen noch nicht zu rechnen. In seinem letzten Brief vom 17. Juni war er der Hoffnung, dass der Krieg nicht mehr lange dauern würde, wenn erst die neuen Kampfmittel zum Einsatz kämen. Am 19. Juni 1944 ereignete sich dann das Unglück, dass Heinrich mit seinem Zug auf einen entgegenkommenden Zug auffuhr und dabei zu Tode kam. Sein Vorgesetzter schrieb an seine Frau Anna folgenden Brief:

Sehr geehrte Frau Ladleif! Vor 2 Stunden bin ich von Dreux von einer stillen, traurigen Feier zurückgekehrt. Es war gestern abend gegen 22 Uhr, als wir 2 Kameraden auf ihrem letzten Erdenwege begleiteten. Viele Blüten in Sträußen und Kränzen legten wir an den Särgen nieder als Zeichen unserer Dankbarkeit, Verehrung und Kameradschaft. Liebe Frau Ladleif! Ich weiß, wie schwer uns die Nachricht getroffen hat und kann daher ermessen, wie fürchterlich es für Sie sein muß, wenn ich Ihnen mitteile, daß Ihren lieben Mann das Schicksal von uns genommen hat. Es hatte mich noch gefreut, daß Herr Ladleif durch eine notwendige Dienstreise durch Zufall mit Ihnen das silberne Ehe-Jubiläum feiern konnte. Durch seine Reise nach Deutschland brauchte er die fürchterliche Nacht in Argentan nicht miterleben. Und nun dieses plötzliche Ende! Er fuhr mit seinem Zug in Houdan auf einen anderen, vor ihm haltenden Zug auf. Den Zuruf seines Heizers hörte er zu spät. Und gestern abend, wie ich schon erwähnte, haben wir ihn im Friedhof in Dreux zur letzten Ruhe bestattet. Mit ihm haben wir noch Res.Lokführer Czapp zu betrauern, der durch eine Fliegerbombe tödlich getroffen wurde. Ein Hauptmann pries die Verstorbenen als Vorbilder, die ihr Bestes für ihr Vaterland gegeben haben. Ich dankte unseren beiden Kameraden für ihre treue Pflichterfüllung und gab der Hoffnung Ausdruck, daß der Schöpfer den Familienangehörigen die Kraft geben möge, diesen schweren Schicksalsschlag zu verwinden. Ich weiß, wie schwer das sein wird. Und doch muß es sein. Die Erinnerung an lange Jahre gemeinsamen Erlebens wird Sie trösten und neue Kraft gewinnen lassen. Mit stillem Gruß W. Utgenannt

Nach dem Krieg, etwa 1950, fuhr Onkel Kurt mit Tante Hanni nach Dreux und hat dort auf dem Gemeindefriedhof das Grab von Heinrich gefunden und in Ordnung gebracht. Etwa1960 veranlaßte der Reichsbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, dass die im 2. Weltkrieg Gefallenen auf gemeinsame Soldatenfriedhöfe umgebettet wurden. Als man Heinrich ausgrub, fand man seinen Ehering und schickte ihn auf Umwegen über den Geburtsort Frohnhausen an die Ehefrau Anna.
Heinrich liegt nun auf dem Deutschen Soldatenfriedhof Champigny St. Andre’in der Normandie, auf der 19.794 Gefallene des 2. Weltkrieges ruhen.

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Hochgeladen 2007-01-12 20:36:37.0
Einsender user's avatar Peter Klaes
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