Johanne Christiane STÜLPNER

Johanne Christiane STÜLPNER

Eigenschaften

Art Wert Datum Ort Quellenangaben
Name Johanne Christiane STÜLPNER
Religionszugehörigkeit ev.-Luth.

Ereignisse

Art Datum Ort Quellenangaben
Geburt 20. Juni 1749 Scharfenstein nach diesem Ort suchen
Bestattung 30. August 1830 Dittersdorf - Amtsberg nach diesem Ort suchen
Tod 26. August 1830 Dittersdorf - Amtsberg nach diesem Ort suchen
Heirat Mai 1771 Dittersdorf - Amtsberg nach diesem Ort suchen

Ehepartner und Kinder

Heirat Ehepartner Kinder
Mai 1771
Dittersdorf - Amtsberg
Johannes Gottlob UHLIG

Notizen zu dieser Person

Christiane Uhlich geb. Stülpner - die Schwester des Wildschützen Karl Stülpner
Läuft man in Dittersdorf (Gemeinde Amtsberg) vom Rathaus kommend dorfaufwärts, erreicht man nach etwa fünf Minuten Fußweg ein kleines altes Haus, Dittersdorfer Straße 6, das unterhalb des Dorfteiches an der Einmündung zur Schmiedegasse steht. Nichts erinnert mehr daran, dass hier vor über 200 Jahren eine Schwester des bekannten Volkshelden Karl Stülpner wohnte. Johanne Christiane Stülpner, die Ehefrau des Schusters Johann Gottlob Uhlich, verbrachte an diesem Ort den größten Teil ihresLebens.
Johanne Christiane wurde in Scharfenstein am 20. Juni 1749 als drittes von sieben Kindern des Mühlknappen und Schuhmachers Johann Christoph Stülpner und seiner Ehefrau Marie Sophie geb. Schubert geboren. Ihr Elternhaus stand im „Gänsewinkel", amFuße der Scharfensteiner Burg. Hier verlebte sie ihre Kindheit und hier erblickte auch 1762 ihr jüngster Bruder Carl Heinrich, der spätere Wildschütz, das Licht der Welt.
Etwa 1770 lernte sie ihren späteren Mann kennen. Johann Gottlob Uhlich war drei Jahre älter als sie und kam aus Dittersdorf. Vermutlich haben die Gründe, weshalb sich ihre Wege kreuzten, mit seinem Beruf zu tun. Er war Schuhmacher, wie ihr Vater. Neben seinem Handwerk spielte Gottlob Uhlich gemeinsam mit seinem Cousin Carl Christoph Uhlich, einem Böttcher aus Dittersdorf, als Musikant auf. Kein Wunder, dass sie sich in diesen lustigen Burschen verliebte. Der Himmel hing voller Geigen, im wahrsten Sinne des Wortes. Schon bald folgte die Verlobung. Da das junge Paar nach seiner Heirat im beengten Elternhaus der Braut nicht würde wohnen können, kaufte Gottlob Uhlich in Dittersdorf am 7. Februar 1771 ein kleines Häuschen mit Garten von David Haaße für 24 Gulden, das auf dem Grundstück Dittersdorfer Straße 55 stand.
Kurz darauf, etwa am 22. oder 23. April, erscheinen beide beim Weißbacher Pfarrer Christian Gotthold Simon und gestehen die Schwangerschaft der Braut. Da sie wegen der Schande schon bald heiraten wollen, werden sie im Mai nach ephoraler Genehmigung in der Dittersdorfer Kirche getraut. „In der Stille", meist in den frühen Morgenstunden vor dem Gottesdienst bei geschlossenen Kirchentüren und mit einer Vorhaltung fanden Eheschließungen Ausfälliger statt.
Im gleichen Jahr kommt das erste Kind zur Welt. Die Zeiten sind schwer. Eine große Hungersnot fordert im Erzgebirge 1771/72 viele tausend Tote. Auch die Väter der beiden Jungvermählten sind vermutlich Opfer dieser Katastrophe geworden.
Am 10. Dezember 1773 kauft Gottlob Uhlich das hinterlassene väterliche Haus Dittersdorfer Straße 20 für 55 Gulden von den Erben. Seine Mutter lebt zu diesem Zeitpunkt noch. Für sein anderes Haus hatte er bereits im Februar 1773 einen Antrag aufVersteigerung gestellt, weil sich wegen dessen Baufälligkeit wohl kein Käufer finden wollte. Erst zwei Jahre später ersteigert es Carl Christoph Gläßer, ein Schneider, für 21 Gulden.
Die Familie wächst und mit ihr die Sorge um das tägliche Brot. Bis 1786 werden sieben Kinder geboren, von denen fünf am Leben bleiben.
Nach wenigen Jahren war die Liebe erloschen und ständiger Streit bestimmte den Alltag. Christiane, eine lebenslustige und selbstbewusste Frau, ließ sich von ihrem Mann nicht bedingungslos bevormunden. Sie war nicht auf den Mund gefallen und gabihm vielleicht auch hin und wieder Anlass zur Eifersucht. Gottlob hingegen war eher cholerisch, ja jähzornig veranlagt. Jede erneute Schwangerschaft macht er seiner Frau zum Vorwurf. Er wirft ihr Hurerei vor und misshandelt sie. Vor ihrer siebten Niederkunft schlägt er sie so hart, „dass sie gantz ohne Verstand gelegen", wie sie später zu Protokoll gibt. Er droht, „er wolle dass seinige nehmen und davon gehen" und verkauft, um seine Frau zu strafen, das Haus. Der neue Besitzer Johann Ernst Müller erwirbt es am 9. August 1786 für 86 Gulden.
Wo sie danach eine Bleibe als Hausgenossen fanden, ist nicht bekannt. Die Wohnverhältnisse müssen für die siebenköpfige Familie bedrückend gewesen sein, zumal Gottlob Uhlich seine Schusterei betreiben musste. Etwa ein Jahr später erwirbt er aufGemeindeland ein Grundstück mit zwei kleinen „Gemeinflecken", heute Dittersdorfer Straße 6, auf dem er ein neues Haus baut. Vermutlich sollte es ein Neuanfang mit seiner Frau sein, der ihn dazu bewog.
Doch die Hoffnung, die Zuneigung seiner Frau zurückzugewinnen, erfüllt sich nicht. Sie zeigt sich widerspenstig, provoziert ihn. Er züchtigt sie, droht ihr, „dass er ihr noch härter begegnen wolle als es bisher geschehen". -Er verspricht, sich zu bessern. - Nichts ändert sich.
Wir schreiben das Jahr 1789. Wahrscheinlich im Oktober ziehen Schausteller durch Dittersdorf und geben eine „Comödie". Christiane läuft zur Vorstellung, wie viele Nachbarn auch. Sie geht, ohne Wissen und Erlaubnis ihres Mannes, und kommt erst früh nach Hause. Er macht ihr Vorwürfe, stellt sie zur Rede, worauf sie entgegnet, „er habe ihr nichts zu befehlen". Nach heftigem Streit straft er sie mit Schlägen - sie setzt sich zur Wehr.
Der Pfarrer schreibt, dass „die Uhligin ihrem Mann auch nicht viel schuldig geblieben" sei. Kurz darauf „desertiert" sie mit ihren Habseligkeiten und der jüngsten Tochter von ihrem Mann. Die anderen Kinder bleiben beim Vater.
Es ist nicht überliefert, welches Stück gezeigt wurde. Betrachten wir uns die Zeitgeschehnisse, so lässt sich indes vermuten, dass zwischen Christianes plötzlichem Aufbegehren und dem gesehenen Schaustück ein Zusammenhang bestehen könnte. Fahrendes Volk kam weit umher, brachte Neuigkeiten mit.
Die revolutionären Ereignisse in Frankreich sind allgemeines Thema. Auch in diesem Schauspiel? Die Vermutung liegt nahe, dass zumindest unterschwellig darauf angespielt wurde. Das einfache Volk, das die feudalen Lasten nur zu gern abgeworfen hätte, sympathisiert mit dem Umsturz. Mit der „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte" hatten die Franzosen festgeschrieben, dass es auch ein Recht auf Widerstand gegen Unterdrückung geben muss. Christiane will jetzt ihr eigenes Schicksal ändern.Anders lässt sich ihr plötzlicher Entschluss zur Trennung kaum deuten.
Völlig mittellos sucht sie zuerst Zuflucht bei einem Bauern. Dann findet sie in Friedrich Gottlob Reuters Haus, jetzt Badstraße 2, Aufnahme. Ein Skandal in Dittersdorf. Reuter, erst seit kurzem Witwer, muss ein Freund der Familie gewesen sein. Keinesfalls war er ihr Geliebter, wie damals vielleicht gemunkelt wurde.
Bereits drei Monate nach dem Vorfall heiratet er eine Witwe aus Gornau. Und auch der Pfarrer hätte das in seinem Bericht festgehalten. Er war bestens informiert.
Der Pfarrer versucht, die Eheleute auszusöhnen. Er befürchtet, dass diese eigenmächtige Trennung Nachahmung in der Gemeinde finden könnte, wie er seinem Dienstherrn sinngemäß mitteilt. Seine Bemühungen sind jedoch umsonst. Christiane will die Scheidung.
Nach dem gescheiterten Gütetermin werden beide am 13. November, einem Freitag, auf die Superintendentur nach Annaberg geladen. Jetzt muss sich die nächste Instanz mit dem Vorfall befassen. Im Protokoll der Anhörung lesen wir, wie sie sich gegenseitig das Leben in ihrer bis dahin 18-j ährigen Ehe zuletzt unerträglich machten. Gottlob bestreitet die meisten Anschuldigungen, wirft ihr erneut Ehebruch vor. Er bezichtigt einen guten Freund und Vertrauten, dessen Namen beide nicht nennen wollen. Möglicherweise handelte es sich um Friedrich Gottlob Reuter, bei dem sie jetzt wohnt. Sie weist jeden Verdacht energisch von sich. Dagegen leugnet Gottlob aber nicht, dass er seine Frau einige Male geschlagen habe. Doch nur, „weil sie ihn durch ihr loses Maul und liebloses leichtsinniges Betragen gegen ihren Mann und Kinder dazu gereitzet" habe. Auch dieser Versuch der Aussöhnung führte zu keinem Ergebnis. Der Superintendent gibt die Sache zur Entscheidung an das Oberkonsistoriumnach Dresden und erstattet Bericht. Es kam nicht zur Scheidung. Christiane kehrte zu ihrem ungeliebten Mann zurück. Sicher war es zum Teil der Druck, den die Kirche auf sie ausübte. Vor allem werden es die Sorge um ihre Kinder, aber auch ihre völlige Mittellosigkeit gewesen sein, die sie zur Rückkehr zwangen. Sie musste sich in ihr Schicksal fügen, ob sie wollte oder nicht. Das ist die eigentliche Tragik ihres Lebens.
Noch einmal bringt sie 1793 ein Kind zur Welt. Carl August wird nur 5 Jahre alt und stirbt am 14. November 1798.
Gottlob Uhlich verkauft sein Haus am 9. März 1802 an Hanne Rosine Stein (auch Stey/Stoch) aus Großolbersdorf für 150 Taler. Sie ist zu diesem Zeitpunkt die Lebensgefährtin des ältesten Sohnes Christian Friedrich und hat einen zehnjährigen unehelichen Sohn mitgebracht. Gottlob Uhlich, Ehefrau Christiane und seine beiden noch unverehelichten Töchter Christiane Caroline und Christiane Friederike bleiben im Haus wohnen.
Die zweite Hälfte der neunziger Jahre ist die Zeit, in der Christianes Bruder Karl Stülpner als Geächteter in den Wäldern lebt. Der Volksmund hat über die Zeiten Legenden gewoben, nach denen er damals heimlich seine Schwester in Dittersdorf aufsuchte. Die Verbindung ist tatsächlich nie ganz abgerissen. Wie die folgenden Sachverhalte zeigen, war Stülpners Beziehung zur Familie seiner Schwester viel intensiver, als bisher bekannt.
Christianes Sohn Christian Friedrich Uhlich war seit vor 1798 Musketier beim Regiment Prinz Maximilian in Chemnitz. In der gleichen Einheit hatte auch sein Onkel Karl, etwa zehn Jahre älter als er, bis zu seiner Desertion 1794 gedient. Noch ungeklärt ist, ob Christian Friedrich schon damals Soldat war. Auf jeden Fall waren sie seit 1800, nach Stülpners freiwilliger Rückkehr zum Regiment, gemeinsam für mehrere Jahre bei den „Maxern". Das schweißt zusammen. Christian Friedrich hatte wahrscheinlich einen ähnlichen ungestümen Charakter wie sein Onkel. Mit drei Frauen hat er in Dittersdorf uneheliche Kinder gezeugt. Eines mit Hanne Rosine Stey, die am 15. März 1803 eine Tochter Hanne Rosine zur Welt bringt. Am 21. September gleichen Jahres macht ihn Hanne Christiane Gräbner mit einem Sohn Christian Friedrich zum Vater. Sechs Tage später ist Hanne Rosine Stey tot. Todesursache: Fieber. Hatte sie Hand an sich gelegt?
Christian Friedrich Uhlich, im Volksmund „der schwarze Fritz" genannt, setzt sich nach Böhmen ab. Vermutlich folgte ihm sein jüngerer Bruder Christian Philipp, ebenfalls Soldat im Regiment Prinz Maximilian. Stülpner desertiert 1807 abermals undflüchtet auch nach Böhmen, zu seinem Neffen, der jetzt in Preßnitz wohnt. Dort sollen beide in den Haßberger Wäldern gewildert haben. Dann verliert sich Christian Friedrich Uhlichs Spur.
Im Jahr vor Stülpners Flucht nach Böhmen gab es in Dittersdorf ein Ereignis, das wohl noch längere Zeit in aller Munde gewesen sein dürfte. Am 9. Februar 1806 bringt Christianes älteste Tochter Christiane Eleonore, die mit dem Dittersdorfer Strumpfwirker Johann Gottfried Scheunpflug verheiratet ist, ihr drittes Kind zur Welt. So unbedeutend die Geburt des kleinen Carl August, der nur knapp ein Jahr alt werden soll, auch ist, so Aufsehen erregend war seine Taufe am 12. Februar. Unter seinen Taufpaten steht an erster Stelle Carl Heinrich Stülpner aus Scharfenstein, Musketier unter Prinz Maximilian! Die beiden anderen Paten sind Christianes jüngste Tochter Christiane Friederike und Karl Gottfried Billig, ein Schneider aus Gelenau. Der Wildschütz, dessen Steckbrief 1795 im Ort aushing, darf sich wieder öffentlich sehen lassen! Seine Anwesenheit in Dittersdorf ist damit belegt.
Im Dorf indes waren die Vorkommnisse im Uhlichschen Haus wieder Tagesgespräch. Christiane Uhlich, bereits 54 Jahre alt, musste jetzt für ihre kleine Enkeltochter sorgen und Gottlob, mit den Jahren vielleicht ruhiger geworden, wieder dem Haus vorstehen. Nachdem anscheinend klar war, dass der älteste Sohn nicht wieder aus Böhmen zurückkehrt, wird das Haus am 12. Februar 1807 für 153 Taler an Christian Friedrich Kupfer verkauft. Gottlob und Christiane behalten Wohnrecht auf Lebenszeit. Ihre Tochter Christiane Friederike hatte sich inzwischen nach Ehrenfriedersdorf verheiratet. Tochter Christiane Caroline zog nach ihrer Hochzeit mit Johann Gottlieb Arnold 1808 nach Berbisdorf. Sie nahm ihre kleine Nichte bei sich auf.
Gottlob Uhlich starb völlig entkräftet am 9. Mai 1815 mit 69 Jahren. Christiane überlebte ihn um 15 Jahre. Noch einmal hatte sie eine harte Prüfung zu bestehen. Sie erkrankte an einem unheilbaren Geschwulstleiden. In den Morgenstunden des 26. August 1830 schloss Christiane im hohen Alter von 81 Jahren für immer die Augen. Vier Tage später wurde sie mit einer Leichenpredigt und Abdankung begraben. Endlich hatte sie den Frieden gefunden, der ihr im Leben nicht vergönnt war.
Quellen:
1) Steifen Scholtz und Roland Sittel: Chronik der Guts- und Hausbesitzer von Dittersdorf/b. Zschopau 1501-1848; Manuskript 1993.
2) Kirchenbücher der Kirchgemeinde Dittersdorf 1795-1835.
3) Archiv der Ephorie Marienberg in Flöha: Bestand Weißbach, Akten 5494 und 5513 (Protokolle).
4) Johannes Pietzonka: „Der Wildschütz Karl Stülpner". Jahrbuch „Erzgebirge 198l".
5) Mitteilungen von Johannes Pietzonka (t), Großolbersdorf, an Roland Sittel, Zschopau.

Steffen Scholtz, Untere Siedlung 39 09390 Gornsdorf in „Erzgebirgischen Heimatblättern“ 4/2014

Quellenangaben

1 Johannes Pietzonka, Email Heinz Engler 26.01.2013 und Scan von KB Christofhammer, Steffen Scholtz, Untere Siedlung 39 09390 Gornsdorf in „Erzgebirgischen Heimatblättern“ 4/2014

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Titel Wildschütz09042021
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Hochgeladen 2021-04-09 10:56:47.0
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