August FREIHERR VON DER HEYDT

August FREIHERR VON DER HEYDT

Eigenschaften

Art Wert Datum Ort Quellenangaben
Name August FREIHERR VON DER HEYDT
Beruf Bankier und preußischer Handels- und Finanzminister

Ereignisse

Art Datum Ort Quellenangaben
Geburt 15. Februar 1801 Elberfeld nach diesem Ort suchen
Taufe 25. Februar 1801
Tod 13. Juni 1874 Berlin nach diesem Ort suchen
Heirat 19. August 1824 Elberfeld,,,,, nach diesem Ort suchen

Ehepartner und Kinder

Heirat Ehepartner Kinder
19. August 1824
Elberfeld,,,,,
Juliane Gen. Julie BLANK

Notizen zu dieser Person


Heydt, August Freiherr von der (seit 1863), * 15.2.1801 Elberfeld, + 13.6.1874 Berlin, Jurist, Unternehmer, Politiker.
Nach dem Schulbesuch widmete er sich dem Kaufmannsstand, verbrachte mehrere Ausbildungsjahre in Frankreich und England und trat 1824 in das Bankhaus seines Vaters in Elberfeld ein. Ab 1829 war er Mitglied des städtischen Zentralausschusses bei der Leitungdes Elementar- und des höheren Schulunterrichtes, ab 1831 Richter und ab 1840 Präsident des Handelsgerichts fur die Kreise Elberfeld, Solingen und Lennep. In der Folgezeit war Heydt Bankier. Im Dezember 1848 wurde er preußischer Handelsminister. Verdienste erwarb er sich bei der Organisation der Post- und Telegrafenverwaltung, beim Eisenbahn- und Bergwerksbau. 1851 wurde er Chef der Preußischen Staatsbank. 1862 übernahm Heydt zusätzlich noch das Finanzministerium. Heydt erhielt 1863 den Titel Freiherr zugesprochen. Von 1848 bis 1870 war er mit Unterbrechungen Abgeordneter, so von 1867-1870 im Norddeutschen Reichstag. Infolge ständiger Unstimmigkeiten über die Finanzausgaben der Regierung erwirkte er 1869 seine Entlassung und zog sich in das Privatleben zurück. 1860/61 ließ er sich von Hermann Ende in dieser Straße eine Villa bauen, die heute Sitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist. Sein Ehrengrab befindet sich auf dem Alten Kirchhof der St.-Matthäus-Gemeinde Großgörschenstraße 12-14/Monumentenstraße, in Schöneberg.

August von der Heydt 1801-1874 (von Marie-Luise Baum)
August von der Heydt war am 15. Februar 1801 geboren worden, und es war ihm nicht an der Wiege gesungen, dass er einmal zu den höchsten Staatsstellen aufsteigen würde. Zunächst verlief sein Leben in den gewohnten bürgerlichen Bahnen:
Besuch einer Privatschule in Elberfeld, dann weitere gründliche Schulbildung in der berühmten Herrnhuter Anstalt in Neuwied, wo sein nicht ungewöhnliches musikalisches Talent, wohl ein Erbteil vom Großvater Johannes, intensiv gepflegt und soweitgefördertwurde, dass er bei den Gottesdiensten die Orgel spielen durfte. Mit 14 Jahren schon nahm ihn der Vater Daniel Heinrich als Lehrling ins Bankgeschäft, schickte ihn aber, weitblickend wie er war, nach der Militärzeit zu befreundeten Firmen ins Ausland. Zunächst nach Frankreich, nach Le Havre, dann im Jahre 1825 nach London zu der Firma Jameson & Aders, wo er mit dem um zwei Jahre älteren Ewald Aders, ebenfalls aus Elberfeld, zusammenwohnte. Im nächsten Jahr schon macht ihn derVater zum Mitinhaber des Bankhauses, das nun den Namen "von der Heydt, Kersten & Söhne" annahm. 1827 heiratete er Julie Blank, die ebenfalls aus einem begüterten Hause stammte, und wohnte mit ihr nach seines Vaters Tod (1852) im alten Stammhausam Kerstenplatz, wo auch alle Kinder geboren wurden. Auch die Kinder späterer Generationen er= blickten hier am Kerstenplatz 6 das Licht der Welt, bis das alte von der Familie sehr geliebte Haus in den Bombenstürmen der Juninacht 1945 unterging.
Vier Söhne sind dieser überaus glücklichen Ehe entsprossen, über die wir durch Tagebuch Aufzeichnungen des jüngsten Sohnes, Bernhard, umfangreiche Nach" richten haben. Und es ist das Bild eines harmonischen Familienlebens in guten und in bösen Tagen, dasuns hier gezeigt wird. Viele sympathische Züge weiß Bernhard vom Vater August zu erzählen, der trotz aller angestrengten Arbeit ein zärtlicher Familienvater war, der immer Zeit für seine Kinder hatte und ein unermüdlicher Märchenerzähler war. Auch aus demLeben des Großvaters Daniel Heinrich und des Urgroßvaters Johannes habe er viele Schnurren und Anekdoten gewusst, die er zur Freude der Söhne immer wieder mit "eignen Zutaten" ausgeschmückt erzählen durfte. Seiner eigenen Musikliebe entsprechend, die ihnZeit seines Lebens begleitet hat, hielt er seine Kinder zu musikalischen Übungen an. Sie lernten Klaviers und Orgelspiel und er selbst übte weiter sein geliebtes Orgelspiel aus, in dem er solche Fertigkeit erlangt hatte, daß er die schwierigsten Bachs fugen auswendig spielen konnte.
Neben seiner Tätigkeit im Elberfelder Bankhaus gab es Aufgaben genug für einen weitsichtigen und strebsamen jungen Mann. Schon dem 26 jährigen wurde das Amt eines Scholarchen der reformierten Gemeinde übertragen. In dieser Eigen' schaff war es ihm beschieden, die alte Lateinschule vor dem Untergang zu retten, indem er sich mit einigen gutsituierten Freunden der Schule zusammentat, und das nicht geringe Defizit deckte, sich gleichzeitig verpflichtete, jeden Fehlbetrag in den nächsten sechs Jahren aus eigener Tasche zu bezahlen. Auch an der staatlichen Anerkennung der Lateinschule als Gymnasium hatte August von der Heydt unbestrittene Verdienste, und viele Jahrzehnte stand seine Büste im alten Schulgebäude an der Kölner Straße.
Im Jahre 1854 wurde er in einer sehr wichtigen Mission mit dem damaligen Oberbürgermeister Johann Rütger Bruning nach Berlin geschickt, wo sie um eine Audienz bei Friedrich Wilhelm III. nachsuchten. Ein Landgericht für ihre Vater-Stadt erbaten sie vom König, und ihren Bemühungen gelang, was verschiedene Vorgänger vergebens versucht hatten: schon am 24. November konnte das Königs liehe Landgericht in Elberfeld feierlich eröffnet werden. Im gleichen Jahr wurde August von der Heydt der Titel "Kommerzienrat"verliehen. Als Mitglied des Stadtrates und der Handelskammer, als Handelsrichter und Armenprovisor erwies er sich immer wieder als ein geschickter Anwalt seiner Mitbürger. So war er im Hungerjahr 1850 Rechnungsführer des Elberfelder Kornvereins/ beteiligte sich auch am Mexikanischen Bergwerksverein, der im Jahre 1824 unter dem Namen "Deutsch-Amerikanischer Bergwerksverein" gegründet worden war, neben der im Jahre 1821 gegründeten "Rheinisch-Westindischen Kompagnie" ein Beweis für den Untemehmer-Geist derElberfelder Bürger. August von der Heydts besonderes Interesse galt aber der Eisenbahn. Er war Mitbegründer der Bergisch' Märkischen und auch der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn und bewies auch auf diesem Gebiet den von seinen Vorfahren ererbten Weitblick. Seine parlamentarische Tätigkeit begann, als er 1854 zum Abgeordneten des Kreistages gewählt wurde und wenig später auch in den Rheinischen Provinziallandtag und den Vereinigten Landtag einzog.Bei den politischen Auseinandersetzungen der 40 er Jahre hatte August von der Heydt reichlich Gelegenheit, sein diplomatisches Geschick zu beweisen. Er schloss sich - ohne sich aber festzulegen - der liberalen Richtung an und wirkte erfolgreichneben den führenden Männern des rheinischen Frühkapitalismus wie Hansemann und Mevissen.
1848 wurde er von Friedrich Wilhelm IV. zum Preußischen Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten berufen. Die Jahre 1848 bis 1862, in denen August von der Heydt Minister war (1861 war er Finanzminister geworden), waren besondere Reifezeiten für das Preußische Wirtschaftsleben. Auf allen Gebieten wurden Entwicklung und Aufblühen durch von der Heydt'sche Maßnahmen gefördert. Schon seit seiner Elberfelder Zeit lag ihm ja das Verkehrswesen besonders am Herzen. So war auch jetzt der Ausbau der Eisenbahnen sein Lieblingsgebiet. Der Preußische Staat besaß, als er im Jahre 1862 als Minister zurücktrat, 55 % aller Preußischen Bahnen, während ihm 1848, als von der Heydt ins Ministerium berufen wurde, keine einzige gehörte!So war ihm also auch hier, wie auf allen anderen Gebieten, Erfolg beschieden. Wenig bekannt ist es, dass er sich in Übersee mit erstaunlichem Weitblick betätigte: so schloss er 1860 Verträge mit Siam, Japan und China ab, durch die Preußen das Gesandtschaftsrecht erhielt, ein Vorzug,der sich erst in späteren Jahren in der Bismarck-Zeit auswirkte.
In den Jahren 1860/61 erbaute August von der Heydt für sich und die Seinen draußen im "Alten Westen" am Landwehrkanal ein großes prächtiges Haus. Am 2. Oktober 1860 wurde der Grundstein gelegt und eine Urkunde eingemauert, auf der die Worte standen:
"Gottes Segen über diesem Hause! Heute zum Geburtstag meiner teuren Gattin habe ich, der Königliche Staatsminister August von der Heydt in Gemeinschaft mit derselben und unter Teilnahme vieler lieber Familienglieder, namentlich unserer Söhne Eduard und Robert von der Heydt, den Grundstein gelegt."
Der Geheime Oberbaurat Linke hatte den Plan der Villa entworfen und das Schinkel'sche Schlößchen Charlottenhof in Potsdam zum Vorbild genommen. Aus= geführt wurde der Bau von dem späteren Akademie-Präsidenten Ende. Damals war die Gegend am Landwehrkanal noch das idyllische Vorland, wohin die Berliner an schönen Sommertagen zum "Kaffeekochen" ausflogen, wo es in den bekannten Kaffeewirtschaften "Hofgarten", "Albrechtshof" und "Moritzhof" immer hoch herging. Auf dem Schafgraben trieben des Sonntags die bunten Gondeln dahin, und der Wirt nahm von Zivilpersonen für das Boot ein Pfand von einem Taler, Soldaten aber mussten ihr Säbelkoppel hergeben!
1862 übernahm von der Heydt auf Drängen des Königs Wilhelm I. das Finanzministerium. Eigentlich wider seinen Willen, wusste er doch genau, dass es im Abgeordnetenhaus zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien kommen musste. "In dieser Landtagssession", so schrieb er an einen seiner Söhne, "werde ich im Abgeordnetenhaus stark mitgenommen werden ..." Es ging dabei um die neue Heeresorganisation, die der König 1859 ohne ausdrückliche Zustimmung des Landtags befohlen hatte, für die nundie Mittel nachträglich bewilligt werden mussten. Die Sache spitzte sich dann so zu, dass von der Heydt sein Entlassungsgesuch einreichte. Bismarck suchte ihn am 22. September persönlich auf, konnte ihn aber nicht umstimmen, von der Heydt ging!
"Hätte er, der weitaus erfahrenste preußische Minister und der beste Kenner der wirtschaftlichen Bedürfnisse jener Zeit, Bismarck auf seinem gefährlichen Weg begleitet, so wäre die damals am Anfang einer mächtigen Entwicklung stehende rheinisch-westfälische Industriewirtschaft vor vielen Missgriffen staatlichen Unverständnisses bewahrt geblieben. Es hat bis zum Tode von der Heydts keinen preußischen und Reichsminister gegeben, der dem "ost-elbischen Landwirt" Bismarck mit annähernd gleicher Sachkenntnis Probleme der Wirtschaft hätte erschließen können, wie der ehemalige Bankier aus Elberfeld."
Diese Zeilen sind 1937 geschrieben worden, wir wissen nicht, von wem. Aber sie sind so aufschlussreich für die Beurteilung August von der Heydts, dass wir sie hier eingebaut haben.
Anfang Januar 1865 wurde August von der Heydt in den Freiherrenstand erhoben. An der Ehre hatten auch die vier Söhne teil. Im Sommer des gleichen Jahres gab es ein Familientreffen in Elberfeld, das von Bernhard von der Heydt, dem jüngsten Sohn,in reizender Art beschrieben wird. Vor allem kommt hier die Anhänglichkeit aller von der Heydts an die Vaterstadt an der Wupper und an das Stammhaus am Kerstenplatz zum Ausdruck.
"Endlich lag das heimatliche Elberfeld im Glänze der Morgensonne vor uns. Meine Brüder August, Eduard und Robert, aus allen Richtungen hier zusammengetroffen, empfingen uns am Bahnhof, und während August mit dem Vater fuhr, geleiteten mich die beiden anderen Brüder zu Fuß nach der Stadt. Seit 15 Jahren war ich nun schon von meiner Heimat fort, aber noch jedes= mal schlug mein Herz, in freudiger Erregung, wenn ich die von Jahr zu Jahr veränderte Vaterstadt wiedersah, durch die belebten,engen Straßen eilteund am Kerstenplatz., vis'ä'vis der Post, an der Tür des elterlichen Hauses die im wohlbekannten melodischen Dreiklang erschallende Glocke zog. Bei meinem Eintritt in das noch unveränderte, freundliche Eckstübchen war noch einmal eine riesige Überraschung. Die Begrüßungen und Umarmungen wollten schier kein Ende nehmen: meine Mutter, zwei Schwägerinnen, zwei Nichten und ein Neffe - die ganze freiherrliche Familie, 11 Köpfe hoch, waren nach langen Jahren wieder einmalvereinigt, munter und gesund."
Inzwischen waren August und Julie von der Heydt in die noch nicht ganz fertige Villa in Berlin eingezogen. Aber die rechte Weihe erhielt das schöne Haus doch erst, als am 7. November 1865 der König Wilhelm I. und seine Söhne Carl und Albrecht mit großem Gefolge - Bismarck war auch dabei - zum Diner bei den von der Heydts erschienen.
"Oben von der Plattform wallte die Preußische Flagge, von der Freitreppe sandte der kalydische Schwan der Fontäne den stärksten Wasserstrahl bis zur Höhe des Daches, und aus den Fenstern strahlten die Kronleuchter ein ganzes Lichtermeer hinaus,welches sich in dem vorbeifließenden Kanal wiederspiegelte."
So schildert Bernhard von der Heydt diesen großen Tag in seinem Tagebuch. Und er schließt mit den Worten:
Dieses Fest wird stets als ein Ehrentag in der Erinnerung unserer Familie bleiben, deren alter, guter Name neu begründet ist, nicht durch bloße Fürstengunst, sondern durch die gerechte Anerkennung, welche der König den Verdiensten unseres Vatersgezollt hat. Fide et labor, durch Treue und Arbeit erwarb mein Vater seinen Namen, in Treue und Arbeit wollen wir Söhne seinem Beispiel folgen."
Noch einmal kam Otto von Bismarck zu August von der Heydt, der nun in seinem herrlichen Haus am Landwehrkanal, heute von der HeydtStraße, ein ruhiges Leben führte. Nun kam seine "große Stunde!" 1866 - Krieg mit Österreich! Der bisherige Finanzminister vonBodelschwingh hatte Bismarck gesagt, daß er keine Mittel hätte, um die Truppen zu bezahlen! "Da kann nur von der Heydt helfen!", soll der König gesagt haben. So fuhr Bismarck in die Villa von der Heydt und fand den alten Heydt im Schlafrock, die Zeitungin der Hand. Er komme, so sagte er, im Auftrag des Königs, und mit der großen Bitte, von der Heydt möge noch einmal das Finanzministerium übernehmen. Nach kurzer Überlegung sagte von der Heydt zu und ergriff schon am nächsten Tag mit fester Hand das Steuer. Ohne Anleihe gelang es ihm, die nötigen Geldmittel für den Krieg zu beschaffen. Der König vergaß ihm diesen Dienst nie! " . . . wie ich nie dankbar genug aus= sprechen kann, daß Sie in einer Krisis, wie die im Juni1866, mit Mut, Energie und seltner Umsicht das Finanzministerium übernahmen und dasselbe mit ebenso großem Geschick als glücklichem Erfolg führten . . .", so lesen wir in einem Brief vom 26. Oktober 1869.
Überhaupt ist das herzliche Verhältnis zum Preußischen Königshaus das größte Glück in August von der Heydts Leben gewesen. Friedrich Wilhelm IV. war schon als Kronprinz in Elberfeld Gast des von der Heydt'schen Hauses gewesen und hatte durch seine einfache und natürliche Art alle Herzen gewonnen. 1842 kam er als König zweimal zu den von der Heydts und brachte auch die Königin mit. Beide waren entzückt von der herzlichen Gastfreundschaft, die sie am Kerstenplatz erlebten. - An dieser Freundschaft durfte auch Julie von der Heydt teil= haben, sie empfing sogar einen besonders rührenden Beweis dieser herzlichen Verbundenheit. Einige Wochen vor ihrem Tod, als Mann und Söhne in großer Sorge an ihrem Krankenbett standen, da habe - so erzählt es der Sohn Bernhard- die Mutter geseufzt: "Ach, wenn ich doch unsem guten König noch einmal sehen könnte!" August von der Heydt erzählte davon dem Flügeladjutanten des Königs. Und schon am Nachmittag des gleichen Tages fuhr Wilhelm I.vor der Villa am Landwehrkanal vor undblieb lange in freundlicher Unterhaltung bei der kranken Frau von der Heydt. Das war Ende Februar 1865, Anfang März starb sie.
"Selten"', so schreibt Bernhard von der Heydt in seinem Tagebuch, "wird man ein schöneres, innigeres und beneidenswerteres Verhältnis finden, als es zwischen den Ehegatten August und Julie von der Heydt von Anfang an bestanden und unentwegt biszum Grabesich bewährt hat!"
Ein Zeugnis, dem wir wohl Glauben schenken dürfen, auch wenn Bismarck einmal behauptet hat, der Minister von der Heydt habe "Herz und Gewissen aus bergisch-märkischem Aktienpergament" gehabt! August von der Heydt trauerte tief um den Heimgang der geliebten Gefährtin;
auch den Tod des ältesten Sohnes, wie er August genannt, mußte er noch erleben. Nur die angestrengte Arbeit mag ihm in diesen schweren Tagen Ablenkung, wenn auch nicht Trost, gewesen sein.
Es hat auch für den Politiker von der Heydt Jahre ohne Segen gegeben, in denen er sich harte Kritik gefallen lassen mußte. Galt er zu Zeiten den Konservativen als zu freisinnig, so wurde er zur gleichen Zeit von den Liberalen abgelehnt, weil erin der Zeit der "Reaktion" im Amt geblieben war. Wir möchten uns hier dem Urteil Dr. Wolfgang Köllmanns anschließen, der in einem kurzen Lebensabriß des Ministers so urteilt:
". . . gerade solche Kritik verkennt aber, daß es dem Wesen von der Heydts nicht entsprach, sich einseitig Parteiinteressen anzuschließen. Die Unabhängigkeit des Urteilens und Handelns bestimmte stets seine Entscheidungen ..,"
Im Oktober 1869 aber wurde er müde, sein Verhältnis zu Bismarck war so unerfreulich geworden, daß eine ersprießliche Zusammenarbeit nicht mehr möglich war. So erbat er vom König seinen Abschied, der ihm auch gewährt wurde. "Für so lange und erfolgreiche Dienste, die Sie meinem in Gott ruhenden Bruder und mir leisteten, verleihe ich Ihnen meinen hohen Orden des Schwarzen Adlers, den Sie mit Ehren tragen werden!" So schrieb der König. Nur noch fünf Jahre waren August von der Heydt im Ruhestand beschieden. Nach langem Leiden starb er am 15. Juni 1874, tief betrauert von seinen Kindern und Verwandten. Auf dem Matthäi-Friedhof in Berlin fand er seine letzte Ruhestätte, wo ein prächtiges Erbbegräbnis schon seine ihm 1865 im Tode vorangegangene Frau aufgenommenhatte.

Präses der Gesellschaft Casino von 1844 bis 1848

Genealogie ?
V Daniel (1767–1832), Bankier, Stadtrat u. Bgm., Präses d. Handelsgerichts in E., S d. Bäckermeisters Johannes in E. u. d. Klara Elisabeth Klute; M Wilhelmine (1771–1854), T d. Abraham Kersten (1733–96), aus Spangenberg/Hessen, Bankier u. Kaufm., der 1754d. Bankhaus Abraham Kersten gründet u. 1794 s. Schwieger-S H. als Teilhaber aufnimmt, u. d. Maria Kath. Weerth; B Daniel (s. 3), Karl (1806–81), Bankier; Schw Johanna (? Gerhard Frdr. Abraham Strauß, 1786–1863, preuß. Oberhofprediger u. Prof. d. Theol. in B., s. ADB 36), Julie (? Louis Frowein, 1808–82, Fabr., Teilhaber d. Hauses Abraham u. Gebr. Frowein in E.); - ? Elberfeld 1824 Julie (1804–65), T d. Joh. Wilh. Blank (1773–1846), Fabr. u. Stadtrat in E., u. d. Sibylla Helene Simons; 5 S, 1 T , u. a. August (s. Gen. 2), Robert (1837–77), Bezirkspräs. f. d. Oberelsaß; E August (s. 2); Ur-E Eduard (s. 4).
Leben ?
Nach privatem Elementarunterricht und 3jährigem Besuch des Herrnhuter Gymnasiums zu Neuwied absolvierte Heydt eine 4jährige Banklehre im väterlichen Hause. Er war in befreundeten Firmen in Le Havre und London tätig und trat 1824 als Teilhaber indie Bankvon der Heydt – Kersten & Söhne ein, die er nach dem Tode seines Vaters gemeinsam mit seinen Brüdern Daniel und Karl fortführte. Als ältester Sohn einer Elberfelder Honoratiorenfamilie erlangte er schon früh kirchliche und städ|tische Ehrenämter: 1826 Scholarch der reformierten Gemeinde Elberfeld, 1831 Richter am Handelsgericht für die Kreise Elberfeld, Solingen und Lennep, dessen Vorsitz er 1840 übernahm. 1832-35 gehörte er auch der 1831 begründeten Handelskammer von Elberfeld und Barmen an. 1833 wurde er Stadtrat, 1834 Mitglied des Kreistags und 1839 Abgeordneter im Rheinischen Provinziallandtag. In dieser Zeit traten besonders seine Eisenbahninteressen hervor. Während sich das Bankhaus von der Heydt – Kersten & Söhne der Emission von Eisenbahnpapierenannahm, wirkte Heydt in städtischen Kommissionen zur Vorbereitung der Eisenbahnpläne. Seiner Initiative sind Gründung und Konzessionierung der Düsseldorf-Elberfelder-Eisenbahngesellschaft 1835/36 zu verdanken, deren Strecke bis 1841 fertiggestellt wurde.Inder Elberfeld-Wittener Eisenbahngesellschaft und der Rhein-Weserbahngesellschaft war er Mitglied und in ihrer Nachfolgerin, der Bergisch-Märkischen-Eisenbahngesellschaft, Vorsitzender des Verwaltungsrates. Mit der Annahme des Mandats zum Rheinischen Provinziallandtag begann die politische Tätigkeit. Sie war durch ein enges persönliches Verhältnis zum preußischen Königshaus und durch die Auffassungen des wirtschaftlichen Liberalismus bestimmt. So gehörte Heydt im Rheinischen Provinziallandtag bald nebenHansemann, Mevissen und Beckerath zu den führenden Vertretern des rheinischen Frühliberalismus, der eine Ausweitung der parlamentarischen Befugnisse mit dem Ziele einer parlamentarisch-konstitutionellen Staatsverfassung anstrebte. Daneben trat er in wirtschaftspolitischen Debatten und in der Frage der Judenemanzipation (als energischer Befürworter der staatsbürgerlichen Gleichstellung der Juden) hervor. Auch auf dem Vereinigten Landtag 1847 schloß er sich der liberalen Opposition an. Solche Haltung schränkte die unbedingte Anerkennung der Monarchie und die unbedingte Verbundenheit zum preußischen Königshaus nicht ein. Nach Ausbruch der Revolution Mitbegründer des „Konstitutionellen Vereins" in Elberfeld, wandte er sich entschieden gegen „demokratisch-republikanische" Tendenzen. Zwar ging er noch als Vertreter Elberfelds zum Vorparlament nach Frankfurt, lehnte aber dann wegen Erkrankung die Annahme derWahlen zur Paulskirche und zur Preußischen Nationalversammlung ab. Im November 1848 nahm er dann, in einer Nachwahl erneut gewählt, doch das Mandat zur Preußischen Nationalversammlung an und wurde am 4.12.1848 als Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten in das Kabinett Brandenburg berufen. Damit war die Entscheidung für die Politik gefallen. Aus der Geschäftsführung des Bankhauses von der Heydt – Kersten & Söhne schied er mit Übernahme des Ministeramts aus, blieb aber noch bis 1859 Teilhaber, nachdem 1854 sein Sohn August ebenfalls als Teilhaber eingetreten war. Heydt behielt das Handelsministerium auch in den Regierungen Manteuffel und Hohenzollern. Er vertrat auch in der Reaktionszeit eine liberale Wirtschaftspolitik. Mit der Liberalisierung der Berggesetzgebung und des Aktienrechtes schuf er wesentliche Voraussetzungen für die beschleunigteIndustrialisierung Preußens in den 50er Jahren. Indem er einen Anschluß Österreichs an den Zollverein verhinderte, stärkte er die wirtschaftspolitische Führungsstellung Preußens in Deutschland als eine wichtige Grundlage für den späteren Zusammenschluß des Deutschen Bundes ohne Österreich zum Deutschen Reich Bismarcks. Vor allem aber widmete er sich demAusbau des Post-, Telegraphen- und Eisenbahnwesens. Die Entwicklung eines staatlichen Eisenbahnnetzes, zu dem bei seinem Ausscheiden aus dem Ministeriumbereits über die Hälfte aller preußischen Strecken gehörten, entsprang seiner persönlichen Initiative. Im Ministerium Hohenlohe übernahm er 1862 das Finanzministerium, trat aber zurück, als Bismarck Ministerpräsident wurde, weil er die verfassungswidrigeEinschränkung des Etatbewilligungsrechts des Parlaments (Indemnitätsfrage) mißbilligte. Am 5.6.1866 übernahm er erneut das Finanzministerium unter der Bedingung der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Rechte des Parlaments nach Abschluß des preußisch-österreichischen Krieges. Es gelang dem „Goldonkel" (Bismarck), durch Auflösung von Rückstellungen, Ausgabe von Eisenbahnanleihen, vorzeitige Einziehung gestundeter Zölle und Steuern unter Abzug eines Diskonts und andere Maßnahmen, die Kosten des Kriegesohne Steuererhöhungen und ohne Staatsanleihen aufzubringen. Trotz dieses Erfolges kam es bald zu erneuten Differenzen zwischen Bismarck und Heydt, der sich gegen eine defizitäre Finanzpolitik wandte. Am 26.10.1869 trat er endgültig zurück. Das Wirken Heydts stand im Schatten der Reaktionszeit und der Regierung Bismarcks. Obwohl er nie von seiner liberalen Grundhaltung abwich und jede Einschränkung der verfassungsmäßigen Rechte des Parlaments schärfstens bekämpfte, wurde er sowohl wegen seines Verbleibensin der Regierung der Reaktionszeit als auchwegen seines „Mangels an Festigkeit und staatsmännischem Beruf" (Bismarck) angegriffen. 1862 in|seinem Wahlkreis Elberfeld-Barmen nicht wiedergewählt, erhielt er 1863 das Mandat des Wahlkreises Schleusingen-Ziegenrück und schloß sich jetzt der konservativen Fraktion an. Das Angebot, als Gesandter Preußen im Bundestag zu vertreten, lehnte er ab, übernahm aber den Vorsitz der Kommission für den Bau des Nord-Ostsee-Kanals. Heydt begriff sich als Fachminister, derseine Unabhängigkeit gegenüber Parteien, Fraktionen und dem Kabinett bewahrte. Bürgerliches Selbstbewußtsein und Liberalität verbanden sich mit der Treue zu König und Verfassung. Gewiß kein „Staatsmann" im Sinne Bismarcks, gehörte er so doch zu den hervorragenden Persönlichkeiten der preußischen Staatsführung, die maßgebend zur Entwicklung dieses Staates zur deutschen Vormacht beigetragen haben.
Auszeichnungen ?
A Schwarzer Adlerorden (1869).
Literatur ?
ADB XII; A. Bergengrün, Staatsmin. A. v. d. H., 1908 (P); W. Köllmann, in: Wuppertaler Biogrr. I, 1958 (P); s. a. L z. Gesamtfam.
Autor ?
Wolfgang Köllmann
Empfohlene Zitierweise ?
Wolfgang Köllmann, „Heydt, August Freiherr von der (preußischer Adel u. Freiherr 1863)“, in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 74-76 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/artikelNDB_pnd118774344.htm

Quellenangaben

1 https://de.wikipedia.org/wiki/August_von_der_Heydt_(Bankier,_1801)

Datenbank

Titel Ahnen Simons, Beck, Birk, Locher, Jedlitschka
Beschreibung Ahnen der Familien Simons, Beck, Birk, Locher, Jedlitschka Bitte kontaktieren Sie mich, sollten Sie Fehler & Ergänzungen feststellen.
Hochgeladen 2018-08-22 10:11:12.0
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