Notizen zu dieser Person
Ankunft in Göhl 21.05.1946
April 1950
Sehr geehrter Herr Behr!
Auf Anraten von Herrn Dr. Gläser, Oldenburg/Holstein, beabsichtigte ich, persönlich mit Ihnen Rücksprache zu nehmen. Ich telephonierte deshalb heute mit Ihrer Dienststelle in Eutin, um einen Zeitpunkt zu erfahren, wann ich Sie bestimmt sprechen könnte. Es wurde mir aber angeraten, an Sie zu schreiben, da es sehr schwierig ist, Sie anzutreffen.
Ich bitte Sie, mich in Sachen unserer Umsiedlung zwecks Zusammenführung mit meinem Mann zu beraten.
Wir sind Ostvertriebene aus Lbg. i. Pom. Mein Mann rückte am 8. März 45 mit dem Volkssturm an die Front. Er kam in engl. Gefangenschaft. Seit seiner Entlassung aus der Gefangenschaft 1947 arbeitete er sofort als Zivilarbeiter bei einer engl. Einheit G.C.L.O.* in Kettwig/Ruhr. Ich selbst blieb mit meiner damals 82-jährigen Mutter und meiner damals 13-jährigen Tochter in der am 9. März 45 von den Russen fast zerstörten Stadt Lauenburg zurück.
Nach furchtbaren Schrecken und schwerer Arbeit bei den Russen, wurden wir im Mai 46 von den Polen ausgewiesen und hier in Neu-Schwelbek untergebracht.
Im Sommer 46kam mein Sohn, der aus russ. Kriegsgefangenschaft entlassen war, zu uns. Er war 1942 von der Schule aus Soldat geworden, hatte keine Berufsausbildung und konnte trotz intensiver Bemühungen keine finden und nur als Hilfsarbeiter etwas verdienen. Jetzt ist e als 25-jähriger seit 1948 arbeitslos.
Meine Tochter, jetzt 18-jährig, besuchte bis jetzt die Schule und hat soeben die mittlere Reifeprüfungen bestanden. Ihre eifrigen Bewerbungen um einen Lehr- oder Arbeitsplatz sind bis jetzt auch ohne Erfolg geblieben, sodaß nun 2 Arbeitslose in der Familie sind.
Wir bewohnen hier mit meiner jetzt 6-jährigen Mutter ein Zimmer, das gleichzeitig Schlaf- und Wohnraum u. Küche ist. Die Bemühungen meines Mannes, die Zuzugsgenehmigung für uns in Kettwig zu erreichen, waren erfolglos. Die Absicht, über eine Baugenossenschaft selbst Wohnraum zu beschaffen, schlug auch fehl. Als der Aufruf sich zur Umsiedlung zu melden erging, meldete ich mich sofort und hoffte, auf diesem Wege mit meinem Mann zusammengeführt zu werden. Da kam die Ablehnung von Nordrhein-Westfalen, Flüchtlinge aufzunehmen.
Am 3.III.d.J. kam unser Flüchtlingsbetreuer, um die Personalien und Anschrift meines Mannes einzuholen, die vom Umsiedlungsamt Eutin angefordert worden waren. Gleich darauf schrieb mir mein Mann, daß bei ihm die Personalien unserer Kinder und seiner Schwiegermutter erfragt worden waren und wir hofften auf dem Wege der Familienzusammenführung endlich vereinigt zu werden. Herr Dr. Gläser riet mir, von Ihnen eine Bescheinigung zu erbitten, daß wir zum Umsiedlungssoll für Nordrhein-Westfalen gehören, mit deren Hilfe mein Mann die Zuzugsgenehmigung für uns erwirken könnte.
Nun hat aber mein Mann nicht einmal die Zuzugsgenehmigung für sich selbst, da er noch bei der G.C.L.O. arbeitet. Es ist aber doch nicht möglich, daß mein Mann als einziger der Familie einen Arbeitsplatz hat, diesen fallen läßt, um die Zuzugsgenehmigung zu bekommen. Andererseits sind wir nach 5 Jahren Trennung an die Grenzen des Tragbaren angelangt.
Ich bitte Sie herzlichst, unseren Fall wohlwollend durchzudenken und mir Ihren Rat zu geben, welche Schritte ich unternehmen soll, um ans Ziel zu kommen und ob es zweckmäßig wäre, mich im gleichen Sinne ans Sozialministerium zu wenden.
Für Ihre beratende Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Hochachtungsvoll Margarete Kabuss
(Brief handschriftlich vorgeschrieben von Bernhard)
*G.C.L.O. = German Civil Labour Organisation
Margit
Büttner
